Kompensating-Doppelörner versus Getrennt gebaute Doppehörner

Fragen und Antworten zu Übungsmaterial, Literatur und Aufführungspraxis,..
Diskussionen rund ums Horn,...
...

Moderatoren: Günther, sysadmins

Re: Kompensating-Doppelörner versus Getrennt gebaute Doppehörner

Beitragvon Martin2 » Mi 20. Mai 2009, 16:29

Hallo lieber Peter,

prinzipiell ist das natürlich richtig. Ob man die Quartschleife auf F oder C einstimmt, ist kein allzu großer Unterschied. Aber bei den von mir beschriebenen, tieferen Tönen merkt man den Unterschied schon. Es ist auch ein Unterschied, ob man auf einem weiten Schallbecher oder eher auf einem enger mensuriertem Schallstück spielt. Vergleiche bitte mal ein weit mensuriertes B-Horn von Kruspe mit einem B-Horn von Knopf. Das sind Welten! Die von Dir vorgegebenen Griffe sind richtig. Du schreibst ja selbst, daß meine Griffkombination fürs B (Q/St/2) etwas zu hoch sei. Stimmt man das Quartventil aber auf C ein, stimmt der Ton ganz gut, sofern man eine große Hand hat. Bei mittleren oder kleinen Händen deckt man etwas weiter ab. Hier kann auch das A mit Q/St/3 anstatt, wie von Dir beschrieben, mit Q/2/3 gegriffen werden.

>Warum das Quartventil nicht als "Naturhorn in F-Stimmung" ansehen?<
Die Grundmensur des B-Horns wird durch das Quartventil um ein Drittel seiner Länge (33.3%) zylindrisch verlängert. Nun ist aber ein einfach B-Horn immer anders mensuriert, als die B-Seite eines Doppelhorns. Die tiefen Naturtöne stimmen noch einigermaßen auf der Quartschleife, aber je höher man steigt, desto krimineller wird die Intonation. Besonders gilt das für zusätzlich einsteckbare Quartschleifen, wie sie von Yamaha, Knopf, Kühn und anderen Herstellern (bei Hoyer auf Wunsch) für deren vierventilige B-Hörner angeboten werden. Diese Quartschleifen werden entwerder anstatt dem Stopfventil verwendet oder in einem Zug mit Stellventil kompensiert an den Stopfbogen angebaut. Sie dienen nur der Intonationskorrektur bzw. dem Vergrößern des Tonumfangs in der Tiefe. Ein "richtiges" F-Naturhorn oder die Intonation der F-Seite eines Doppelhorns erhält man dadurch nicht.


Das erste Doppelhorn von Kruspe (Modell Gumpert / Wendler) war wohl kompensiert (und ist es heute noch). Alle Fachbücher und auch die Firma Kruspe selbst schildern das so. (Ich wills mal glauben, denn den alten Kruspe kann man ja nicht mehr fragen...) Nur hatte das erste Modell zwei einfache Umschaltventile, wohingegen das verbesserte Gumpert- / Wendler-Modell das heute noch übliche doppelstöckige Umschaltventil besaß.

Bis kommenden Dienstag bin ich nicht erreichbar. Aber ich werde bei Kruspe nochmals nachfragen...
Martin2
 
Beiträge: 507
Registriert: Fr 16. Jan 2009, 19:40

Re: Kompensating-Doppelörner versus Getrennt gebaute Doppehörner

Beitragvon Thomas » Mi 20. Mai 2009, 17:01

Martin2 hat geschrieben:Das erste Doppelhorn von Kruspe (Modell Gumpert / Wendler) war wohl kompensiert (und ist es heute noch). Alle Fachbücher und auch die Firma Kruspe selbst schildern das so. (Ich wills mal glauben, denn den alten Kruspe kann man ja nicht mehr fragen...) Nur hatte das erste Modell zwei einfache Umschaltventile, wohingegen das verbesserte Gumpert- / Wendler-Modell das heute noch übliche doppelstöckige Umschaltventil besaß.



Das Kruspe Wendler ist auf alle Fälle ein Kompensations Doppel. Hab ich schon drauf gespielt. :D


Dazu auf der Kruspe Internetseite:

"1897 wurde das erste "echte" Doppelhorn mit zweistöckigen Ventilen konstruiert und gebaut.
Die Firma Kruspe meldete diese Erfindung am 05. Oktober 1897 auf Ihren Namen zum Gebrauchsmusterschutz an.
Später wurden an diesem Modell kleine technische Verbesserungen, insbesondere durch Professor Wendler, vorgenommen. An der Grundkonzeption wurde nichts geändert. Es wir heute noch gebaut unter der Bezeichnung: kombiniertes Doppelhorn; Modell: "Professor Wendler"

Das erste fertig entwickelte Kruspedoppel war also in der Tat ein Kompensations Modell.
Thomas
 
Beiträge: 97
Registriert: Do 15. Jan 2009, 10:55
Wohnort: Rheinland

Re: Kompensating-Doppelörner versus Getrennt gebaute Doppehörner

Beitragvon Prof » Mi 20. Mai 2009, 18:19

Vor Kruspe beschäftigte sich bereits Uhlmann in Wien ab 1870 mit der Konstruktion eines Doppelhorns, die allerdings nicht zur Produktion eines Doppelhorns führten. Karl Stiegler beschäftigte sich im ersten Drittel des 20.Jhdts. intensiv mit dieser Problematik. Es wurden von der Wiener Produktivgenossenschaft auch einige Exemplare eines Doppelhorns gebaut. Habe in meiner Studentenzeit etwa ein Jahr auf einem geliehenen Doppelhorn der Wiener Produktivgenossenschaft, Modell Stiegler, gespielt. Es war ziemlich gut, gefällig gebaut, alle Töne an der richtigen Stelle.
Prof
 
Beiträge: 1273
Registriert: Do 15. Jan 2009, 20:04

Re: Kompensating-Doppelörner versus Getrennt gebaute Doppehörner

Beitragvon Peter » Mi 20. Mai 2009, 23:54

liebe Hornfreunde,
tatsächlich habt Ihr Recht und ich habe Blödsinn geschrieben. Mea culpa! Ich hielt irrtümlicherweise das fast zu gleicher Zeit entstandene Horn von F. Butti für das Kruspe-Doppelhorn. Tatsächlich war das erste Kruspedoppelhorn von 1897 ein ziemlich kompliziertes Kompensationshorn, welches sich nicht sonderlich bewährte. 4 oder 5 Jahre später entstand dann das "Hornermodell".
Ich habe dieses jetzt alles in dem Buch von Herbert Heyde. "Das Ventilblasinstrument" nachlesen können. Sehr empfehlenswert!

zu Martin2.
Ich besitze ein B-Horn mit Quartventil und C-Ventil von Alexander. Ich kann auf dem Quartventil keine nennenswerten Verzerrungen feststellen. Ich muss aber zugeben, dass ich meine Hörner möglichst rein und nicht temperiert einstimme.
Womöglich ist das sicher Stoff für eine weitere Diskussionsrunde.
Benutzeravatar
Peter
 
Beiträge: 824
Registriert: So 3. Mai 2009, 23:26

Re: Kompensating-Doppelörner versus Getrennt gebaute Doppehörner

Beitragvon Altcorno » Do 21. Mai 2009, 10:23

Prof hat geschrieben:Auch beim kompensierten Horn, bei dem die B-Horn-Ventilzüge durch diese "Schnippsel" für die F-Seite ergänzt werden, ist jede Ventilkombination sowohl in der Grundstimmung B als auch in der Grundstimmung F problematisch, da notorisch zu hoch.


Eure Antworten zeigen mir, dass ich mich stellenweise nicht richtig ausgedrückt habe! Natürlich habe ich das Problem der Ventilkombination auch beim kompensierten Instrument. Es macht m. E. aber einen qualitativen Unterschied aus, ob ich das Quartventil mit in Relation zu kurzen B-Zügen kombiniere oder die kompensierenden Züge auf der F-Seite zuschalte. Die Bezeichnung Kompensation rührt m. E. genau daher. Ansonsten müßte man diese Bauart wohl eher 'Komplementär'-Horn nennen. (Sehr instruktiv zur Bewältigung von bauartlich bedingten Intonationsproblemen: Heyde, Ventilblasinstrument, ab S. 94. "Um die reine Stimmung".)

Noch etwas zur Einstimmung des Quartventils: Die Ausführungen von Martin2 hierzu werfen die Frage auf, wie ich mit dem Aufeinanderabstimmen der Ventilzüge grundsätzlich umgehen will bzw. muß. Theoretisch könnte ich ein drei-ventiliges B-Horn nehmen und in sich so stimmen, wie es Arban in seiner Cornet-Schule vorgeschlagen hat, und auf jegliche bauartliche Kompensation verzichten. Zumal die Dämpfung mit der rechten Hand noch zusätzlich zur Verfügung steht.
Altcorno
 
Beiträge: 405
Registriert: Do 15. Jan 2009, 21:16

Re: Kompensating-Doppelörner versus Getrennt gebaute Doppehörner

Beitragvon Prof » Fr 22. Mai 2009, 11:58

Ein Horn sollte grundsätzlich nach der Präferenz des Nutzers eingestimmt werden, also entweder das B-Horn oder das F-Horn, je nach Hauptnutzung. Das Einstimmen nach dem angegebenen klingenden "a" ebenfall mit einem klingenden "a" egal ob -Horn oder F-Horn ist barer Unsinn, da das klingende a auf dem Horn immer ein "manilupierter" (hier mit dem 2.Ventil auf dem B-Horn bzw. meist mit der Becherhand korrigiert - F-Horn) Ton bleibt.

Man stimmt also am Besten mit einem auf beiden Hornseiten sehr gut stimmenden Ton im Intervall zum angegebenen "a". Dazu dient bestens das c2 (notiert in F-Stimmung), das als 6.Ton des B-Horns bzw. 8.Ton des F-Horns meist sehr gut stimmt. Anschließend richtet man die jeweiligen Ventilzüge incl. des Quartzuges ein.

Bei einem Vorprobespiel mit Studenten konnte ich erleben, daß eine Kandidatin zum gegebenen klingenden "a" mit einem mit dem 2.Ventil auf dem B-Horn gegriffenen "a" (unser F-Horn e2) einzustimmen versuchte. Das offene f2 (in F-Notation) auf dem B-Horn liegt oft um Haaresbreite zu tief und so auch das dan gegriffene e2. Resultat: die Kandidatin veränderte die Position des 2.Ventilzuges statt des Hauptzuges und veränderte so überhaupt nichts, was die Grundstimmung anging. Eine andere Kandidatin veränderte in der gleichen Situation nur die Handstellung im Becher auf etwas offener. Nach dem (erfolglosen) Vorspiel versuchte ich, die Kandidatinnen davon zu überzeugen, daß sie doch, wie oben gefordert, einzustimmen hätten. Es gab aber darauf nur Unverständnis.

Deshalb frage ich mich, was wird denn überhaupt bezüglich Intonation incl. Einstimmen unterichtet ? Was wird in Instrumentenkunde unterrichtet ? Oder wird das von den Auszubildenden nur für die Prüfung gelernt und anschließend vergessen ?
Prof
 
Beiträge: 1273
Registriert: Do 15. Jan 2009, 20:04

Re: Kompensating-Doppelörner versus Getrennt gebaute Doppehörner

Beitragvon Altcorno » Sa 23. Mai 2009, 15:49

Prof hat geschrieben:Ein Horn sollte grundsätzlich nach der Präferenz des Nutzers eingestimmt werden, also entweder das B-Horn oder das F-Horn, je nach Hauptnutzung. Das Einstimmen nach dem angegebenen klingenden "a" ebenfall mit einem klingenden "a" egal ob -Horn oder F-Horn ist barer Unsinn, da das klingende a auf dem Horn immer ein "manilupierter" (hier mit dem 2.Ventil auf dem B-Horn bzw. meist mit der Becherhand korrigiert - F-Horn) Ton bleibt.

Man stimmt also am Besten mit einem auf beiden Hornseiten sehr gut stimmenden Ton im Intervall zum angegebenen "a". Dazu dient bestens das c2 (notiert in F-Stimmung), das als 6.Ton des B-Horns bzw. 8.Ton des F-Horns meist sehr gut stimmt. Anschließend richtet man die jeweiligen Ventilzüge incl. des Quartzuges ein.



Gefunden auf der Seite der IHS:

>>>
Tuning to the Oboe "A"

Assuming you have your horn tuned "at home" to A=440 (or whatever pitch your ensemble prefers), it is often difficult to find one's pitch in a large ensemble. When the oboist gives an "A" and you compare that to your written e' or e", you have built-in problems. The e' at the bottom of the staff is the 5th harmonic, which tends to be "flat" in equal temperament. Fourth space e" is the 8th harmonic, which should be "in tune" but you have likely pulled that second valve slide on the B-flat horn a bit to bring down the sharp 6th harmonic (b'). If you use either of these flat fingering, and then push in your main tuning slide, you will be generally sharp on the rest of the instrument. So, what to do?

Here is a tip: try 1+3 e" on the B-flat horn. Wait - aren't 1+3 combinations sharp? Well, yes, but that is the 10th harmonic of that series, which is flat, so they cancel each other out and you have a fingering that should be pretty well in tune. So try toggling between the written b' (slightly sharp but that should make a beat-free fourth with the oboe a') and 1+3 e".
<<<
Altcorno
 
Beiträge: 405
Registriert: Do 15. Jan 2009, 21:16

Re: Kompensating-Doppelörner versus Getrennt gebaute Doppehörner

Beitragvon Prof » Sa 23. Mai 2009, 16:29

Lieber altcorno ! Denke daran, daß im Englischen ein "written b" unser "h" ist. Uns schon wieder ein manipulierter Ton (2.Ventil). Diese Anweisung im IHS Archiv is absoluter Unsinn. Richtig einstimmen kann man nur im Intervall zum gegebenen Oboe-a, d.h. mit unserem best stimmenden notierten c2 (klingend f1), das sowohl auf dem F-Horn als auch auf dem B-Horn sehr gut stimmt. Nur, man muß dazu gute Ohren haben und eine saubere Terz erkennen könnn. Das regulieren der einzelnen Ventilzüge kommt erst nach dem "Stimmen" der beiden Hornseiten bzw. beim "kombinierten (=compensating) Horn nach dem Stimmen des B-Horns und des dazugehörigen Natur-F-Horns (=Quartventil). Basta ! Das ist eine Tatsache, zu der es keinerlei Diskussionsbedarf mehr gibt. Einfach so machen, Schluß und aus. Es gibt eben in unserer Kunst unabdingbare Forderungen. Eine davon ist die perfekte Intonation. Das gilt für Laien und Profis gleichermaßen. Es ist eine der Grundlagen des Musizierens. Wem diese Dinge nicht passen, dem empfehle ich, sich einen Taktstock zu kaufen oder aus einem geklauten Zweig selbst zu schnitzen, sich selbständig zu machen und einen eigenen Haufen zu dirigieren. Aber dann bitte nie mehr selbst spielen. Hat ja bei manchen Aerobikern bzw. Wedlern am Pult ganz gut funktioniert. (Zitat: "Da ist etwas da hinten nicht ganz sauber ! z.B.)
Prof
 
Beiträge: 1273
Registriert: Do 15. Jan 2009, 20:04

Re: Kompensating-Doppelörner versus Getrennt gebaute Doppehörner

Beitragvon Peter » Sa 23. Mai 2009, 18:58

Was Hans schreibt, ist richtig. Hier noch ein Tipp zum Einstimmen.
Wir wissen ja alle, das der Dehnungsspielraum einzelner Töne nach oben hin abnimmt. Deswegen sollte man den Mut haben, mit hohen Tönen ein zustimmen. Ein geschriebenes f1 auf dem B-Horn kann man mit dem Ansatz leicht bis zu einem halben Ton nach oben oder unten verschieben. Das heißt, wenn ich ein a von der Oboe höre und dieses mit dem geschr. e1 vergleiche, dann bin ich wegen dem automatischen Korekturverhalten (meines Kopfes/Ohren) immer richtig. Wenn ich aber e2 blase, dann ist der Spielraum nur halb so groß. Ich kann jetzt nicht mehr automatisch so leicht mit dem Ansatz die Tonhöhe korrigieren. Ich bin also gezwungen mit dem Stimmzug die Tonhöhe zu justieren.

Bei Duos mit dem Klavier hat sich folgende Prozedur sehr bewährt:
Ich spiele (ohne vom Klavier ein Ton zu bekommen) f2 oder g2. Derweilen bitte ich den/die Pianist/in diese Töne stumm zu drücken. Bei genauen Hineinhorchen in den Flügel höre ich deutlich den Nachklang. Je stärker der Nachklang hörbar ist, desto richtiger war meine zuerst gespielte Tonhöhe. So kann ich sehr gut und genau nach einigen Versuchen (vor dem Konzert) mein Horn auf die Klavierstimmung justieren.

Ein weiterer Tipp:
Wir wissen ja alle, dass die Kombination mehrerer Ventile zu hoch ist.
Man ärgert sich bei Stellen für Horn in Es, das die Terz ( geschrieben e =1/2) immer etwas zu hoch ist. Man kann das 3. Venti drücken, aber man kann auch das 2. Ventil vom B-Horn ca. 1 cm zusätzlich ausziehen

Das selbe gilt für D-Hornstellen.
Hier sollte man das 1. Ventil 1 cm ausziehen.

Aber bitte - nach dem Konzert die Ventilzüge wieder in die Normalposition bringen.
Im Orchester geht das auch sehr gut, vorausgesetzt , die anderen Hornisten machen da mit.
Benutzeravatar
Peter
 
Beiträge: 824
Registriert: So 3. Mai 2009, 23:26

Re: Kompensating-Doppelörner versus Getrennt gebaute Doppehörner

Beitragvon Prof » Sa 23. Mai 2009, 20:06

Ib Lansky-Otto hate eine ganz besondere Methode bei der Stimmung. 1980 konnten wir ihn während des Hornsymposiums in Trossingen mit der Beethoven-Sonate erleben. Vor dem Beginn überprüfte er die timmung, indem er sich vom Klavier ein "ais" angeben ließ. Dann kratzte er mit dem Schallbecher seines Horns über den Holzboden, was ein deutliches klingendes "ais" ergab. "Das Klavier stimmt !" - Einfach ausprobieren. Wir stimmen sowieso immer, nur die anderen Instrumente nicht ??????
Prof
 
Beiträge: 1273
Registriert: Do 15. Jan 2009, 20:04

VorherigeNächste

Zurück zu WIENERHORN FORUM

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 23 Gäste