Hoffmeister: Concerto in Dis

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Re: Hoffmeister: Concerto in Dis

Beitragvon Till » Sa 23. Jan 2021, 10:13

Hallo Waldviertel,

was die Tonarten für die Bläserkonzerte angeht, habe ich die gleiche Vermutung wie Achim. Es wird da sicher Meinungsaustausch zwischen Solist und Komponist gegeben haben.
Warum sich in der Blasmusik die B-Grundstimmung ergeben hat, so habe ich meine eigene Theorie. Ein gespieltes c3 auf der B-Trompete kommt verläßlicher als ein c3 in C-Stimmung.

Das meint Till!
PS:
Und noch eines: Die Aussage "es ist ein Kreuz mit den vielen b" kommt sicher von einem Streicher!
Till
 
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Re: Hoffmeister: Concerto in Dis

Beitragvon Waldviertel » So 24. Jan 2021, 19:04

Herzlichen Dank für die zusätzlichen Infos!

Ich hatte mich ungenau ausgedrückt: Es sind primär die Blechblasinstrumente, die in der Blasmusik in B-Grundstimmungen sind.
Die Klarinette wurde angepasst, ebenso die Saxophone. Flöte war lange Zeit auch in Des, ist jetzt wie Oboe und Fagott auch in der Blasmusik in C.
Adolphe Sax hatte anfangs, in den 1840ern, ja auch noch Saxophone in C und F gebaut, aber es setzten sich bald jene in B und Es durch, man hatte sich also schon offenbar auf diese Stimmung in der Militärmusik festgelegt? Und für diese waren die Saxophone ja auch primär gedacht bzw. kamen dort wegen ihrer Klangfülle besonders in Frankreich rasch zum Einsatz.
Das Klarintettenkonzert hat ja W.A. Mozart für G-Bassetthorn begonnen und dann auf A-Stimmung gewechselt.
Zu jener Zeit war also die B-Klarinette noch keineswegs der Standard.

Stich (Punto) wiederum hat Hornkonzerte in E, F etc. geschrieben.
Leutgeb (Leitgeb), der Freund, für den W.A. Mozart die Konzerte und das Quintett in Es geschrieben hat war offenbar spezialisiert auf das Es-Horn?

Das mit dem c3 auf B- versus C-Trompete stimmt sicherlich, aber das c3 auf der B-Trompete/B-Flügelhorn ist dann doch wieder klingend nur ein b2.
Interessant auch, dass Parforcehörner auch in B und Es sind.

Das Bugle, das ventillose Signalhorn der Infanterie in England und USA gab es anfangs auch in G, C und B.

Einen Spruch aus einer Kirchenchorprobe kann ich auch beisteuern:
Klarinettist angesichts der aufgelegten Noten: "Kreuze gehören auf den Friedhof!"
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Re: Hoffmeister: Concerto in Dis

Beitragvon klangwelt » Di 26. Jan 2021, 14:34

Dass in der Literatur für das Naturhorn bestimmte Tonarten besonders häufig vorkommen, hat nichts mit irgendwelchen Vorzeichen zu tun, sondern mit der jeweils unterschiedlichen Länge des Instruments durch den Wechsel der Stimmungen. Die sehr langen oder sehr kurzen Hörner sind schwieriger zu spielen und werden deshalb für Solo- und Kammermusik ungern verwendet. Wilhelm Bruns schreibt dazu:

"Die langen Bögen (B-basso bis Des) sprechen vor allem im Stakkato zu ungenau an und sind ab der dritten Oktave, in der sogenannten Clarinlage, in ihrer Treffsicherheit ein wenig anfällig für kleinere Störungen, sogenannte Kiekser. Bei den höheren Bögen (g bis a-alto) liegt die Clarinlage für viele Hornisten in unerreichbaren Lagen, diatonische oder chromatische Tonfolgen ohne Stopfen werden somit erheblich erschwert, zudem ist das Blasen in der Höhe sehr anstrengend. Die mittleren Bogenlängen (D bis F) sind somit am besten geeignet."
(https://www.nmz.de/artikel/der-schwieri ... perfektion)
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Re: Hoffmeister: Concerto in Dis

Beitragvon herbstgetönter Hain » Di 26. Jan 2021, 21:58

Dass Streicher tendenziell Kreuztonarten bevorzugen, mag im Anfänger- und Laienbereich stimmen, für Profis spielt das überhaupt keine Rolle. Und Es-Dur ist auch für Streicher wohl doch wesentlich kommoder zu lesen als Dis - Dur, grifftechnisch ist es eh das Gleiche (wenn auch nicht dasselbe).

Skordaturen waren insbesondere in Frühbarock und Barock weit verbreitet, allerdings nur bei einzelnen Instrumenten, nicht für das ganze Orchester. Bei Darmsaiten ist der mögliche Ambitus deutlich größer als bei Stahlsaiten (die sich übrigens ausschließlich wegen ihrer besseren Haltbarkeit durchgesetzt haben, da die Kunst, gute Darmsaiten herzustellen, am Ende des 19.Jahrhunderts einen gewissen Niedergang erlebte).

Spannend ist für mich immer wieder die Frage, warum der Stimmton von einer sehr hohen Renaissance- und Frühbarock-Stimmung (Schein-Scheidt-Schütz: a' = 485hz) im Barock so weit nach unten ging (in Frankreich bis auf a' = 392hz), um dann wieder anzusteigen.

Bei der Frage, warum viele Blasinstrumente eine Grundstimmung in B bzw. Es aufweisen könnte einerseits das Thema "Chorton" - "Cornettton" eine Rolle spielen,
im 19. Jahrhundert sind es aber wohl vor allem Fragen der Tonartencharakteristik, die dazu geführt haben, dass so auffallend viele Hornkonzerte in Es geschrieben wurden:

https://www.koelnklavier.de/quellen/ton ... emein.html

https://www.koelnklavier.de/quellen/ton ... html#esdur
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