Auswahl eines neuen Horns

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Re: Auswahl eines neuen Horns

Beitragvon Lupus Cornum » Mo 23. Jan 2017, 20:46

So, noch einmal vielen Dank für die Beiträge. Mit Herrn Kühn habe ich heute telefoniert, er schickt mir das W273 zur Ansicht. Das wird das letzte Modell, das ich ausprobiere. Offenbar hat er gerade auch angefangen, es mit einem weiteren Schall als gewohnt (ML statt M) zu bauen - Zitat: "Das Horn mit M-Schall ist ein gutes Instrument, und die, die es gekauft haben, sind alle sehr zufrieden... aber es gibt halt auch, die die es nicht gekauft haben, und die haben oft ähnliche Kritikpunkte geäußert."

Am Wochenende habe ich mich noch einmal hingesetzt und Cornford und LDx5 direkt verglichen. Leider nur in meinem Wohnzimmer, aber beide habe ich auch schon in einem größeren Saal gespielt. Beiden gemein ist, dass sie viel besser intonieren als mein altes Instrument, auf vielen Tönen besser ansprechen und tatsächlich das mit der Kondition positiv beeinflussen (bzw. nicht so negativ wie mein altes).

Das LDx5 spielt sich zunehmend wie die logische Fortsetzung meines alten. Es hat (zumindest mit dem sehr schweren handgehämmerten Becher mir Schmetterkranz) einen ausgeprägten Eigenklang und ein sehr freundliches An- und Abschwingverhalten, so dass ich relativ wenig machen muss, um schöne Töne herauszubekommen, mit schönem Anfang und Ende. Technische Stellen gehen OK, aber ich habe zunehmend das Gefühl, dass mir Minibalgelenke mehr liegen als Schnurmechaniken, was letztlich für das LDx5 spricht, da man das sicher anpassen könnte und so ein Kritikpunkt wegfiele. Aber mit anderem als dem Eigenklang (oder vorkonfektioniert, wie Peter schrieb) tu ich mich schwer.

Das Cornford ist ein deutlich radikalerer Bruch mit meinem alten. Wenn ich gut drauf bin, kann ich Klang darauf gestalten wie selten, mit lautem Pianoklang, leisem Forteklang etc. Schnelle Passagen machen einfach Freude zu spielen. Der Nachteil ist allerdings, dass ich für den Klang arbeiten muss - und wenn die Kraft nachlässt oder ich technisch wirklich gefordert bin und daher weniger Aufmerksamkeit übrig habe, wird es trübselig. Dazu fange ich schon bei leichtem Abgeblasensein an, unschöne Nebengeräusche zu produzieren, die offenbar zumindest in 4 Meter Entfernung klar zu hören sind - und das b'' scheint ungewohnt viel Arbeit zu fordern, das wird schon vor h'' und c''' viel zu tief, wenn ich nicht mehr ganz fit bin.

Im Spieldesign gibt es die Begriffe "Skill Ceiling" und "Skill Floor" - letzteres ist die Leistung, die ein Mensch mit mäßigen, aber nicht vollkommen verschwindenden Fähigkeiten mit einem gegebenen Werkzeug abliefert, ersteres, ein wie großer Anteil guter oder überragender Fähigkeiten mit Hilfe eines Werkzeugs an den Mann gebracht werden kann. Bis jetzt fühlt es sich sehr so an, als hätte das LDx5 den höheren Skill Floor und das Cornford das höhere Skill Ceiling. Uneingespielt und nach 90 Minuten Üben war ich ganz klar unter dem Skill Floor des LDx5, da war das, was ich abgeliefert habe auf Cornford und LDx5 überhaupt nicht vergleichbar... aber in der Kernphase dazwischen ging einiges auf dem Cornford wiederum wesentlich besser.

Args, auf Nummer sicher gehen oder auf Risiko. Wissen, was man möchte, kann schwierig sein.
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Re: Auswahl eines neuen Horns

Beitragvon oppitz » Fr 27. Jan 2017, 11:12

spannend. berichte bitte weiter.
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Re: Auswahl eines neuen Horns

Beitragvon oppitz » Fr 27. Jan 2017, 11:15

Lupus Cornum hat geschrieben:So, noch einmal vielen Dank für die Beiträge. Mit Herrn Kühn habe ich heute telefoniert, er schickt mir das W273 zur Ansicht. Das wird das letzte Modell, das ich ausprobiere.


warum?
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Re: Auswahl eines neuen Horns

Beitragvon Lupus Cornum » Fr 27. Jan 2017, 12:04

oppitz hat geschrieben:
Lupus Cornum hat geschrieben:So, noch einmal vielen Dank für die Beiträge. Mit Herrn Kühn habe ich heute telefoniert, er schickt mir das W273 zur Ansicht. Das wird das letzte Modell, das ich ausprobiere.


warum?

Weil ich große Gefahr laufe, mich wirklich in dem Prozess der Auswahl zu verlieren - wie Fidelio schrieb, werden wohl keine großen Quantensprünge mehr folgen, außer vielleicht bei Otto, und mit dem LDx5 könnte ich gut leben. Es ist spieltechnisch rundum solide und nicht sehr aufregend, aber letztlich ist es das vermutlich, was ich sinnvollerweise brauche. Halt ein Passat und kein Carrera.

Abgesehen davon habe ich jedes Mal ein schlechtes Gewissen, wenn ich Anbietern Arbeit mache, ohne ihnen letztlich etwas abzukaufen.
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Re: Auswahl eines neuen Horns

Beitragvon oppitz » Sa 28. Jan 2017, 19:45

Lupus Cornum hat geschrieben:
oppitz hat geschrieben:
Lupus Cornum hat geschrieben:So, noch einmal vielen Dank für die Beiträge. Mit Herrn Kühn habe ich heute telefoniert, er schickt mir das W273 zur Ansicht. Das wird das letzte Modell, das ich ausprobiere.


warum?

Weil ich große Gefahr laufe, mich wirklich in dem Prozess der Auswahl zu verlieren - wie Fidelio schrieb, werden wohl keine großen Quantensprünge mehr folgen, außer vielleicht bei Otto, und mit dem LDx5 könnte ich gut leben. Es ist spieltechnisch rundum solide und nicht sehr aufregend, aber letztlich ist es das vermutlich, was ich sinnvollerweise brauche. Halt ein Passat und kein Carrera.

Abgesehen davon habe ich jedes Mal ein schlechtes Gewissen, wenn ich Anbietern Arbeit mache, ohne ihnen letztlich etwas abzukaufen.


verständlich. Und es geht gar nicht mehr um "Qualität", sondern um "passt - oder nicht". Aber es stimmt auch, dass man ab einem gewissen Punkt komplett verwirrt ist.
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Re: Auswahl eines neuen Horns

Beitragvon Lupus Cornum » Fr 10. Feb 2017, 17:22

So, ein weiterer Erfahrungsbericht, diesmal über das kühnsche W273, Goldmessing, mittelweiter Schall.

Die ersten Gehversuche auf dem Horn waren schwierig, in einem kleinen Raum mit meiner gewohnten Spielweise war ich ziemlich leise, mit gequetschtem Ton. Mit ein paar Stunden Üben habe ich dann, glaube ich, verstanden, was mit "Anlehnen am Widerstand" gemeint ist. Der Widerstand ist zwar mittelmäßig, aber doch mehr als bei dem K-Modell, das ich vorher getestet hatte.

Naja, jedenfalls hatte ich später keine Probleme, unsere Proben- und Konzerthalle (Platz für ca. 600 Zuhörer) klanglich zu füllen, wenn ich auch da nicht wirklich laut geworden bin. Die Ansprache in der Tiefe ist im Vergleich zum K-Modell schwieriger (und verbündet sich da mit persönlichen Schwächen von mir), von g aufwärts ist es spektakulär. Von rein praktischer Seite her ist es ebenfalls super, die Züge sind so angebracht, dass sie wirklich gut zu erreichen sind, das geringe Trägheitsmoment des schlanken Daumenventils ist merbar. Von der Ergonomie her liegt es in der Hand wie angewachsen.

Hätte ich das Instrument direkt behalten können, hätte ich es vermutlich getan, leider war es ein reines Testinstrument.

Mit ist schleierhaft, warum die von der Optik her komplizierte Wicklung so ein gutes Spielgefühl vermittelt.
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Re: Auswahl eines neuen Horns

Beitragvon Horntastisch » Fr 7. Apr 2017, 12:36

Darf man erfahren, für welches Horn du dich jetzt entschieden hast? Oder probierst du noch herum und kannst einen weiteren Erfahrungsbericht beisteuern?
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Re: Auswahl eines neuen Horns

Beitragvon Lupus Cornum » Fr 7. Apr 2017, 17:07

Klar, darf man fragen. Da wir gerade Probenpause haben und ich damit keinen Zugriff auf den Saal habe (und weil Kühn zB wegen einiger Hornmessen u.ä. eingeschränkt Testinstrumente hinausschickt) ist die Testfrequenz leider heruntergegangen. Ich habe nur noch das W273 in Goldmessing mit ein bisschen weiterem Schall (ml statt m) getestet und gerade gestern zurückgeschickt. Spielt sich ähnlich wie das mit dem m-Schall, ähnlich beweglich, bessere Ansprache in der Tiefe, den Klang finde ich zumindest in meinem kleinen Raum und dem mittelgroßen, in dem wie Kammermusik gemacht haben, ein bisschen gwöhnungsbedürftig. Meine Beschreibung war "posaunig", meine Frau meinte aber, in ein paar Meter Entfernung klinge es gut.

Für meine Kondition war es sensationell, 2 Stunden Kammermusik, von denen ich aus Erfahrung weiß, dass sie mich auf meinem Instrument schlicht plätten würden, habe ich ohne nennenswerte Verschleißerscheinungen durchgehalten. Intonatorisch würde es ein bisschen Arbeit erfordern - die Ventilzüge waren zwar bereits durchgestimmt, aber nicht komplett so, wie ich es für mich machen würde, und die Lage der Naturtöne relativ zur perfekten Stimmung ist anders als auf meinem gewohnten, recht ungewöhnlich intonierenden Horn, so dass ich da mehr bewusste Arbeit investieren musste als üblich.

Irgendwie habe ich an Cornford so ein bisschen das Herz verloren, darum habe ich vor, ihn noch einmal zu besuchen, wenn er Zeit haben sollte - ich nehme an, im Nachgang der Musikmesse hat er mehr Instrumente zum Probieren als üblich - und vor Ort zu sehen, ob man mit leichten Variationen des Bechergewichtes und des Mundrohres die Kritikpunkte, die dazu geführt haben, dass ich das bereits fertige von einem Händler, das ich hätte kaufen können, zurückgeschickt habe, ausräumen kann.

Sollte das nicht klappen, muss ich nochmal stark überlegen, ob es das W273 mit m oder ml-Schall wird, aber ziemlich sicher das W273.
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Re: Auswahl eines neuen Horns

Beitragvon oppitz » Mo 10. Apr 2017, 20:15

wenn der Prozess doch noch im Gang ist...

- Marc Schmiedhäuser hat ein neues Modell mit neuartigem Umschaltventil gerade fertig entwickelt

- das Dürk LD Clevenger durfte ich kurz anspielen - seltsam in der Hand zu halten (bestimmt Einstellungs- und Gewöhnungssache), aber Klang(fülle) und Spielgefühl sind nur mit einem Wort zu umschreiben -> einzigartig.

die anderen empfohlenen Hersteller/Modelle wiederhole ich jetzt nicht mehr...
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Re: Auswahl eines neuen Horns

Beitragvon Lupus Cornum » Do 4. Mai 2017, 11:11

So, jetzt ist es doch auf ein 28er Cornford in Goldmessing hinausgelaufen. Nächste Woche kommt es an.

Ich hatte das Instrument, das ich vor fast einem halben Jahr zum Ausprobieren hier hatte, wegen Anspracheproblemen in der Tiefe abgelehnt. In einem Ortstermin hat Herr Cornford es dann geschafft, diese auszuräumen. Gegenüber dem letzten Konkurrenten, dem Kühn W273 mit mittelweitem Schall, hat es letztlich durch die schönen Bindungen, gleichmäßigere Klangentwicklung über die Register und dynamische Bandbreite, stabilere Tiefe und für mich bessere Intonation bestochen.

Wenn ich wüsste, dass ich in Zukunft nur hohes Horn spielte, hätte ich wahrscheinlich das Kühn gekauft. Der ein bisschen feinere Klang in der hohen Mittellage (und drüber), dort wiederum sehr gute Intonation, und ein mir nicht gut erklärklicher Effekt auf meine Ausdauer in diesen Registern hätten dann den Ausschlag gegeben. Gefühlt komme ich auf dem Kühn vergleichsweise einfach ins Singen, dann vibriert das ganze Instrument, und der Kräfteverschleiß nimmt dramatisch ab. Vermutlich presse ich das im Normalfall kaputt und werde das auch auf anderen Instrumenten versuchen zu erüben.

Klanglich hoffe ich jetzt einfach, dass sich der vergleichsweise volle Klang des Cornford sowohl gut einmischt als auch hervortritt, je nach Bedarf, aber das liegt dann ja eigentlich ohnehin an der Bedienung.

Jedenfalls war die Suche außerordentlich aufschlussreich. Ich habe mich nie für einen Materialfanatiker gehalten, jetzt aber doch feststellen müssen, dass Material auf dem spielerischen Niveau, auf dem ich mich bewege, einen erheblichen Einfluss hat.
Zuletzt geändert von Lupus Cornum am Do 4. Mai 2017, 14:43, insgesamt 1-mal geändert.
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