Gallay Hornschule: Kuriosität bei der Handhaltung

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Gallay Hornschule: Kuriosität bei der Handhaltung

Beitragvon GabZach » So 26. Mai 2024, 17:31

In der Hornschule von Gallay habe ich direkt am Anfang eine Anleitung gesehen, wie die Handstellung im Naturhorn für alle Töne sein soll (für die chromatische Tonleiter):

gamme.jpg
(Gallay Hornschule)
gamme.jpg (326.11 KiB) 874-mal betrachtet


Das fand ich sehr interessant, weil er prinzipiell bei den "Zwischen-Tönen" (also mit Kreuz oder B) einen Unterschied macht, je nachdem ob der Ton eben von oben erniedrigt wird, oder von unten erhöht wird. Und bei vielen dieser Töne - aber nicht bei allen(!) - macht er dann auch einen Unterschied in der Handhaltung!

Weiß jemand eine Erklärung dafuer ?

Es gibt zwar einen erklärenden Text auf dieser Seite, ich habe ihn unten angefügt, aber er erhellt meine Frage nicht.
(Mein Französisch is nicht sehr gut, aber soweit ich es sehe, gibt es auch sonst in seiner Schule keine Erklärung.)

(Ich dachte kurz, es koennte etwas mit den Unterschieden zwischen wohltemperierter Stimmung und reinen Akkorden zu tun haben, aber ich glaube nun, dass das nicht der Grund ist.)

Aus Interesse wäre ich für Hinweise oder Ideen dankbar; das ist, zugegebenermaßen eher ein akademisches Interesse - spielen könnte ich diese Feinheiten bei weitem nicht :-)

Vielen Dank im Voraus.

Herzliche Grüße, Gabriel

PS:
Den Hinweis auf die Gallay-Hornschule bekam ich in einem anderen Thread zu einem anderen Thema: https://wienerhorn.com/forum/viewtopic.php?f=4&t=1892&sid=ebc74ef10864ffa3d8e474a90125eee4
Vielen Dank dafuer!

PPS:
Die Erklärungen von Gallay auf dieser Seite lautet, nach Deutsch uebersetzt:

"""
Alle Noten dieser Skala sind mit Zeichen markiert, die genau angeben, welche Positionen die Hand des Schalltrichters einnehmen muss, um den richtigen Klang jeder einzelnen Note zu erzielen.
Diese Zeichen bestehen aus der offenen Null, der geschlossenen Null und den Brüchen 1/4, 1/2 und 3/4.
Die offene Null zeigt einen Naturton an.
Die geschlossene Null bezeichnet dagegen eine Scheinnote, die nur dann richtig sein kann, wenn der Schalltrichter ganz geschlossen ist.
Die Brüche 1/4, 1/2, und 3/4 zeigen an, dass die Öffnung zwischen der rechten Hand und dem Schalltrichter, um die offenen Töne zu bilden, zu einem Viertel, zur Hälfte und zu drei Vierteln geschlossen werden muss.
Als ich die Grundsätze dieser Methode aufstellte, verstand ich unter dem Wort "Schalltrichter" nicht nur den Ort, an dem die rechte Hand steht und ihren Stützpunkt hat, sondern auch den gesamten leeren Raum, der für ihre Bewegungen relevant ist.
In den folgenden Regeln wird dieses Wort nicht mehr in seiner gewöhnlichen Bedeutung verwendet, sondern auf die Öffnung zwischen der rechten Handfläche und der linken Innenseite des Schalltrichters beschränkt, die in Zukunft als der gesamte Schalltrichter betrachtet werden soll. (Fußnote 1: Diese Öffnung muss, wie bereits erwähnt, 4 Zentimeter oder 17 1/2-Linien betragen.)

Fußnote 2: Die Korrektheit dieser Noten erfordert, dass der Schalltrichter weiter geöffnet ist als bei gewöhnlichen Noten.

Fußnote 3: In der C-Tonleiter ist das Re der 2. Oktave, das auf den Tönen F, G und A praktiziert wird, etwas zu hoch.
"""
GabZach
 
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Re: Gallay Hornschule: Kuriosität bei der Handhaltung

Beitragvon klangwelt » Mo 3. Jun 2024, 14:40

Auf dem Horn gibt es offene, gedämpfte und gestopfte Töne. Bei den offenen Tönen lässt die Hand den Schalltrichter - wie der Name schon sagt - am weitesten offen. Mit dieser Handhaltung lassen sich alle Naturtöne spielen. Das entspricht der offenen Null bei Gallay. Bei den gestopften Tönen schließt die Hand den Schalltrichter so weit wie möglich. Alle Naturtöne klingen mit dieser Handhaltung ungefähr einen Halbton höher als notiert. Das entspricht der geschlossenen Null bei Gallay. Bei den gedämpften Tönen schließt die Hand den Schalltrichter nur ein Stück weit. Dabei klingen die Naturtöne schrittweise umso tiefer, je mehr der Trichter abgedeckt wird. Die entspricht den Brüchen bei Gallay.
Es ist also einfach nur eine Anleitung, mit welcher Handtechnik man den kompletten Tonvorrat auf dem Naturhorn spielen kann. Es hat nichts mit unterschiedlichen Stimmungen zu tun. Auf dem Naturhorn ist ja ohnehin nur die reine Stimmung relevant.
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Re: Gallay Hornschule: Kuriosität bei der Handhaltung

Beitragvon GabZach » Mo 3. Jun 2024, 21:43

Vielen Dank!

Soweit so klar, aber warum soll man z.B. beim Dis eine andere Handstellung haben asl beim Es?
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Re: Gallay Hornschule: Kuriosität bei der Handhaltung

Beitragvon Waldviertel » Di 4. Jun 2024, 09:56

Hier bräuchte es wohl Experten für "Historische Aufführungspraxis".
Ich verstehe es so, dass es schon noch ein Relikt aus der "Reinen Stimmung" ist.
Auch Streicher dachten oder denken noch immer die Töne nicht wirklich enharmonisch, sondern bei Kreuz oder Be unterschiedlich.
Beim Ventilhorn ist es ja in Wirklichkeit auch so, dass z.B. ein f nicht immer ein und das selbe f ist: Es hängt davon ab, in welchem tonalen Zusammenhang es steht.
Die Ventile sind ja keine "Tasten", sondern schalten in eine andere Stimmung um. Dann kommt es darauf an, ob das f dort Grundton ist, Terz, Quinte etc. .
Denn das Horn spielt nun mal eigentlich in der "Reinen Stimmung" und man passt sich nur der wohltemperierten Stimmung an.
Deshalb ist die "Intonation" in einer "Blaskapelle" gar so ein heikel Ding.
Das ist uns zum Glück gar nicht bewusst, weil wir automatisch mit Ansatz und Hand korrigieren.
Siehe auch: KUNITZ, HANS Die Instrumentation - Teil IV: Horn 1961
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Re: Gallay Hornschule: Kuriosität bei der Handhaltung

Beitragvon klangwelt » Di 4. Jun 2024, 10:45

Ach so, ich hatte die ursprüngliche Frage nicht richtig verstanden. Zu den einzelnen Handstellungen kann ich leider nichts sagen. Das müsste man wohl am besten mal mit einem Horn in der Hand ausprobieren.
Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die Handstellungen für die jeweils notierten Töne auch je nach Tonart etwas unterschiedlich sind. Auf einem längeren Bogen muss die Tonleiter meist ein klein wenig anders gespielt werden als auf einem kürzeren, damit alles richtig stimmt.
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Re: Gallay Hornschule: Kuriosität bei der Handhaltung

Beitragvon GabZach » Do 13. Jun 2024, 21:44

Vielen Dank an alle!
Werde mal einen Naturhorn-Experten fragen, sollte ich mal einen treffen (was eher unwahrscheinlich ist).
Oder gibt es hier im Forum einen solchen?
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