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Thema: Leutgeb neueste Nachrichten |
Leutgeb soll das 1. Haydn Konzert erstaufgeführt haben? Also ich erinnere mich während des Studiums irgendwo gelesen zu haben, dass es für einen Thaddäus Steinmüller, der beim Fürsten Esterházy frisch engagiert worden war, geschrieben worden sein soll. Aber mein theoretisches Wissen um all dies hält sich natürlich in sehr engen Grenzen.
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Das Dekret von Joseph II. von 1785 beschränkte, wenn ich richtig informiert bin, die Zahl der Logen in Wien auf insgesamt maximal drei!
Joseph II. war zunächst gegenüber der Freimaurerei recht aufgeschlossen, die so bald großen Einfluß auf das politische und kulturelle Leben in Wien gewann. Das änderte sich jedoch, als der Kaiser eine Unterwanderung seines Machtanspruches durch die Verbindungen zwischen den preußischen und öterreichischen Logen befürchtete und diese Kontakte sodann verbot. So entstand 1784 die Landesloge Wien, bereits ein Jahr später waren in Wien 8 Logen mit etwa 1000 Brüdern, in ganz Österreich 59 Logen zu verzeichnen. Diese Zunahme des freimaurerischen Einflusses und die Entwicklungen in Frankreich veranlaßten den Kaiser dann 1785, per Dekret nur noch maximal maximal 3 Logen mit jeweils 180 Mitgliedern pro Ort zu erlauben, was eigentlich natürlich überwiegend auf Wien abstellte.
Der Meister der neuen Loge "Zur neugekrönten Hoffnung" war dann Graf Esterhazy. In einer unbedeutenden Nebentätigkeit "zufällig" auch noch Schatzmeister der Kaisers.
Großmeister der Loge war zunächst Graf Ferenc Esterházy de Galántha (genannt Quinquin), für dessen Trauerfeier Mozart 1785 die Maurerische Trauermusik KV 477 ("Maurerische TrauerMusick bey dem Todesfalle der Br Br Meklenburg und Esterhazy") komponierte. Späterer Meister vom Stuhl war Graf János-Nepomuk Esterházy de Galántha, der u.a. als Wirklicher Geheimer Rat (quasi ein Verwaltungsbeamter im vergleichbaren Rang eines Generals) mit an der Spitze des kaiserlichen Hofstaates stand.
In so einer "Großloge" wären Leute wie Leutgeb oder andere Väter von Uhrmachern dann wahrscheinlich nicht die passenden Mitglieder gewesen.
1788 gehörten zu den Mitgliedern der Loge ein regierender Fürst, 36 Grafen, ein Marchese, 14 Freiherren, 42 Adlige, Offiziere, Gesandte, Kammerherren, Domherren und Beamte, Künstler und Musiker (z.B. war Johann Valentin Adamberger - der erste Sänger des Belmonte - ebenfalls Freimaurer). Da wäre auch ein Hornist wie Leutgeb nicht fehl am Platze. Es stellt sich vor dem Hintergrund der bereits beschriebenen kaiserlich verordneten Mitgliederbegrenzung aber die Frage, ob Leutgeb ab 1785 hierfür noch bedeutend genug gewesen wäre.
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So steht es bei Pohl: Haydn (VIId/3). Haydn war jedoch aus seiner Anfangszeit in Wien mit Leutgeb befreundet (siehe Patenschaft der Haydn Gattin für Leutgebs erste Tochter). Es gibt aber (wird eben geprüft) Programme aus Wien, aus denen ersichtlich sein soll, daß Leutgeb in der kurzen Spanne zwischen der Komposition des Konzertes und seines Weggangs nach Salzburg mehrfach solistisch aufgetreten ist und dabei dieses Konzert gespielt haben soll. Gelegenheit für solche solistischen Einlagen boten die Umbaupausen zwischen einzelnen Szenen oder Akten sowohl im Ballett als auch im Schauspiel und manchmal in der Oper. Solche Programme sind jedoch nur vereinzelt erhalten oder nur in den Veranstaltungsbüchern der betreffenden Häuser erhalten. Ich hoffe noch auf die Bestätigung. Das Konzert ist mit 762 von Haydn selbst datiert. Hoboken vermutete, daß das Konzert für den 1762 in die Esterhazysche Kapelle aufgenommenen T. Steinmüller geschrieben sei. (Im Hoboken steht: für den 1762 in die Esterhazysche Kapelle eingetretenen T. Steinmüller. Man konnte aber nicht "eintreten", sondern wurde "aufgenommen". Eigentlich in der Funktion gleich, aber rechtlich nicht. Man wurde nämlich geholt oder bat um Aufnahme.
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Leutgeb hat (was ich noch zu prüfen habe) das heutige erste Konzert Joseph Haydns, 1762 entstanden, 1763 oder 1763 im Theater an der Burg aufgeführt. War es sogar die Erstaufführung ?
Herrschende Meinung ist, daß das Hornkonzert für den 1762 bei Esterhazy in den Dienst aufgenommenen Hornisten Thaddäus Steinmüller geschrieben und auch von diesem uraufgeführt wurde. Als Indiz wird der Tonumfang angeführt, der den Möglichkeiten von Steinmüller (gute hohe und mittlere Lage) angepaßt wirkt.
Alternativ wird noch verbreitet (Heartz, Daniel. "Leutgeb and the 1762 Horn Concertos of Joseph and Johann Michael Haydn." Mozart-Jahrbuch 1987/88, 59-64.), daß Haydn das Konzert aus Anlaß der Taufe des Leutgeschen Nachwuchses geschrieben haben könnte, dessen Pate er und seine Frau waren. Stellt sich nur die Frage, ob der stolze Vater bei der Taufe des eigenen Kindes zum Horn gegriffen hat oder vielleicht Steinmüller dort gespielt hat?
Auf jeden Fall soll Haydn, wahrscheinlich aufgrund seiner Verpflichtungen in Eisenstadt, nicht bei der Taufe anwesend gewesen sein.
1761 bis 1763 hat Leutgeb am Burgtheater u.a. Werke von Leopold Hofmann und Michael Haydn aufgeführt.
In Esterhaz trat Leutgeb auch gelegentlich auf, war aber nie Mitglied der Kapelle.
Laut New Grove war Leutgeb zumindest Anfang 1763 für einen Monat bei Esterhazy engagiert - ist dann aber aus nicht bekannten Gründen wieder ausgeschieden. Vielleicht Rivalität unter Hornisten?
Zuletzt bearbeitet: 16.09.08 15:43 von George
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Leutgebs Tochter wurde am 2.Juli 1762 in Wien getauft, wobei die Patin, eben Haydns Gattin Apollonia, abwesend war (absentibus). Lt. Taufeintrag war es nur eine Patin. Das Konzert wurde nachweislich im Hofburgtheater gespielt, nicht bei der Taufe. Es war doch kein Fürstenkind. Und es gab ja auch noch keinen Klavierauszug für einen eventuellen Organisten. Haydn hätte das auch nie zugelassen. Die Zuschreibung der Urauführung zu Steinmüller aus Umfangsgründen ist absolut unsinnig. Das Konzert hat einen notierten Umfang vom kleinen c bis zum d3, das nur dreimal gefordert wird, also einen Umfang, der den in den mozartischen Konzerten geforderten Umfang nach oben um einen Ganzton und nach unten um eine Quinte übertrifft. Woher kommt also diese Ansicht im Grove ? Reine Spekulation. Das Haydn Konzert ist zwar streckenweise etwas hoch, geht aber auch (wie bei Freund Punto) zur Entspannung in die Tiefe. Es braucht keinen Clarinhornisten, sondern einen Allroundhornisten mit blitzsauberer Ansatz- und Rechtehandtechnik. Das Konzert geht übrigens sowohl in ersten (1x) als auch im zweiten Satz (2x) bis zum notierten c , also eine Oktave unter dem System. Im dritten Satz werden die Spitzentöne c3 (3x) und d3 (1x) jeweils nach aufsteigenden Läufen erreicht. Vor der Cadenza steigt das Horn noch zweimal zum kleinen g zur Entspannung hinunter. Und diese schnellen Figuren im dritten Satz sind durch das ständige Aufundab gar nicht anstrengend (wenn man schön locker spielt). Auch im langsamen Satz ist nur das zweimal kommende Thema durch die "Zieherei im piano" etwas anstrengender als sonst. Die eingebauten kurzen Triller tragen zur Erholung ebenso bei, wie die detupften nachschlagenden Achtel und die vierzehn Pausentakte in der Mitte des Satzes. Im ersten Satz mit 5x c3 und 1x d3 ist die Exposition nur 29 Takte lang und nicht anstrengend. Der Aufstieg zum d3, verbunden mit einem crescendo auf den Vierteln leitet problemlos hinaus. Der zweite Teil des ersten Satzes bewegt sich auch zur Entspannung immer wieder in der eingestrichenen Oktave. Es wird auch im ganzen Konzert nur sehr wenig an Technik der rechten Hand verlangt. Oft ist es nur ein leichtes Flippen für das a2 und das f2, ein halbes Abdämpfen für h1 (5x), das h (1x). Im 2.Satz dämpft man das fis und das h (je 2x). Der Satz ist der anstrengendste mit auch nur 1x d3, aber 9x c3 und 1x cis3. Dabei sind die hintereinander kommenden c3-Sechzehntel einzeln gezählt. Im letzten Satz sind die "manipulierten Töne" nicht einmal erwähnenswert, da f2 und a2 "en passant" genommen werden.
Ei nu ??
Ich arbeite an den weiteren möglichen Verifikationen und werde das Gesamtergebnis auf meinem Home-Page zur gegebenen Zeit veröffentlichen.
Übrigens, George, wurden die Esterhazyschen Grafen 1687 wegen ihrer Verdienste in den Türkenkriegen und nachfolgend wegen der absoluten Loyalität zum Kaiserhaus in den Fürstenstand, 1712 dann für die Erstgeborenen in den erblichen Fürstenstand und von Joseph I. dann für alle männlichen Mitglieder in den Fürstenstand erhoben.
Es ist auch anzunehmen, daß der einmonatige Aufenthalt in Esterhaz 1763 nur repertoirebedingt war, war Leutgeb doch bereits mindestens ab der Mitte des Frühlings nach Salzburg verpflichtet. Rivalitäten wie heute ? Warum wird so etwas unterstellt ?
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Übrigens ... wurden die Esterhazyschen Grafen 1687 ... in den Fürstenstand, 1712 dann für die Erstgeborenen in den erblichen Fürstenstand und ... dann für alle männlichen Mitglieder in den Fürstenstand erhoben.
Das stimmt - aber nur für die fürstliche Linie der Forchtensteiner Esterhazys. Die übrigen Linien (Altsohl, Csesznek sowie gräfliche Forchtensteiner) profitierten davon aber nicht. Sowohl Graf Ferenc Esterházy de Galántha als auch Graf János-Nepomuk Esterházy de Galántha entsprangen dem Cseklészer Ast des jüngeren gräflichen Zweiges der Forchtensteiner Linie.
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Prof: Dirk, Gesinnung wäre schon genug. Was ist denn Geistesgesinnung ?.
"Geistesgesinnung" ist sozusagen ein sprachlicher Kiekser! Ich hoffe das kommt jetzt nicht in die engere Wahl zum "Unwort des Jahres"
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Das waren die "Maurer", die mich weniger interessieren als die jeweiligen Hausherren in Eisenstadt.
So eine weitverzweigte Familie.
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