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Thema: Ton und Klangvorstellung |
Martin, Richard Strauss hatin seinem ersten Konzert ganz andere Absichten einfließen lassen. Probiere das Konzert einmal auf dem Es Naturhorn. Selbst der Mittelteil funktioniert mit "gestopft" und wenigen offenen Tönen. Dabei muß schön forciert werden. Daraus erklären sich vielleicht die übertriebenen dynamischen Bezeichnungen. Und der schöne Pianoteil am Beginn des langsamen Satzes läuft auch gut. Probiere auch mal den dritten Satz. Der ist absolut naturhornmäßig geschrieben. Bei der "Cadenza" muß man "ganz unten" etwas mogeln. Die Stretta geht auf dem Naturhorn weit virtuoser als auf dem Ventilhorn.
Das heißt allerdings nicht, Strauss hätte das Konzert für das Naturhorn komponiert. Es ist nur naturhornmäßig angelegt. Das bringt vieleicht neue Gedanken zur Interpretation.
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@KonstantinBecker und Hornforum:
" Unser Vorbild in Bezug auf Klang sollte das Naturhorn sein..."
Finde ich sehr interessant ! Ob die verschieden Persönlichkeiten der Tonarten mit den verschiedenen Klangfarben des Naturhorns übereinstimmt ?
Wahrscheinlich nicht, aber Naturhorn spielen ist sicher eine gute Methode um möglichst viele verschieden Klangfarben im Kopf zu haben. Barbra Streisand hat öfters gesagt, daß Sie nicht nur singen tut sondern den Text in Musik umsetzt, als ob sie auf der Bühne den Text spielen würde; die Musik strömt dann von selbst. Sie hat unerhört viele Farben in der Stimme, aber das kommt nicht von Tonleitern und töne aushalten - sie übt ganz und gar nicht. Je mehr man mit Farben arbeitet, desto interessanter das Bild für den zuhörer...
Liebe Grüðe, fbsv
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Ein guter Hornist geht oft den umgekehrten Weg von Barbara Streisand, nämlich, er unterlegt einen Text und singt dann die Melodie. Das Singen auf dem Horn - also gesangliches Spiel - fördert automatisch das Erzeugen von unterschiedlichen Farben. Zu Kontantin Beckers Eingangsmail möchte ich ergänzen, daß das Naturhornspiel zwar hilft, Farben zu erkennen, jedoch nicht allein-selig-machend ist. Wie gerade in der vorigen Mail von @fbsv (stelle Dich doch auch kurz dem Forum vor; geht auch unter dem alias; aber es wäre gut zu wissen, mit welchem Hintergrund Du ankommst: Liebhaber, Student, Profi, Dirigent, Zuhörer, Horn Fan, usw.) gesagt, sind die Charaktere der einzelnen Tonarten überaus wichtig.
Aber als Beispiel für uns sollte nicht unbedingt Barbara Streisand stehen, sondern z.B. Astrid Varnay, Maria Callas, Placido Domingo, auch Pavarotti mit seiner tollen Musikalität und Perfektion zugleich und der besonderen Stimmführung, Benjamino Gigli. Die Stimmführung und Kontrolle ist bei den großen Opernsängern ganz anders als im Pop. Beim Pop wäre Elvis Presley ein ganz gutes Beispiel, auch Frank Sinatra in seiner besten Zeit.
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@Martin2
Mit Ihrer Antwort gibt es gleich mehrere Probleme auf einmal.
Die "Absicht" des Komponisten als Maß der Dinge zu setzen - einverstanden! Vom Notentext ausgehend erschliesst sich aber auch widersprüchliches, denn fast alle Bezeichnungen sind ja nur relational (Beispiel Tempo - Raumakustik, Lautstärke - technische Entwicklung des Instruments, Orchestergröße - unklar, natürliche Atempausen - nicht bezeichnet, Klangfarbenwechsel - nicht bezeichnet, evtl. Vibrato/ Klingenlassen eines Tons - nicht bezeichnet etc. etc.).
Was ist dann also "werktreu" in Ihrer Auffassung? "Eine nicht ruinierte Aufführung, auch wenn GERINGFÜGIGE Einflüsse eines Dirigenten oder Solisten hörbar sind."
Das ist ein klassischer Fall für das zirkuläre Argumentationsmuster: man kommt da heraus, wo man angefangen hat und begründet das zu Begründende mit sich selbst.
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Bezüglich verschiedenen Klangvorstellungen kann ich allen die Siegfriedruf-Aufnahmen älteren Datums auf Prof. Pizkas Website empfehlen (lasst Euch von der Aufnahmequalität nicht irreführen); Hört Euch insbesondere die Aufnahmen der Hornisten von ausserhalb des deutschen Sprachraums an. Gewisse entsprechende Klangvorstellungen scheinen mir doch als sehr ungeeignet für den Siegfriedruf... Das Titanic-Arrangement London Horn Sound vs. Vienna Horns ist auch ein interessanter Vergleich.
Ich finde es falsch, die Frage nach den Klangfarben von den Dirigenten einzufordern; Die kümmern sich sowieso nicht darum, solange die Hörner nicht negativ auffallen. Bitte vergesst nicht, dass ein namhafter Dirigent das Ende der französischen Hornschule provoziert hat. In Wien wäre das gleiche passiert, wenn sich die damaligen Wienerhornisten nicht erfolgreich gegen die Einmischung der Dirigenten gewehrt hätten.
Die Komponisten sind genauso geprägt von ihrer Herkunft wie die Hornisten, was sich logischerweise auf den Klangcharakter ihrer Arbeit auswirkt. Ein Beispiel? Ravel auf böhmischem Instrumentarium (z.B. Wiener Philharmoniker)? Die Musik klingt schwerfällig und angestrengt. Alte Aufnahmen von französischen Orchestern sind im Vergleich dazu eine Offenbarung. Dirigenten sollten sich darüber bewusst sein, dass nicht jedes Orchester (insbesondere Traditionsorchester) dieser Welt gleichermassen gut geeignet ist, die Komposition X klanglich und stilistisch ihrem Charakter entsprechend zu interpretieren.
So, damit wäre ich auch wieder dabei... Grüsse vom Papagei
Zuletzt bearbeitet: 11.06.08 11:54 von Papagei
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@Papagai, wieder willkommen hier im Haus. Du hast bei Deiner richtigen Argumentation aber vergessen, was dieser "Druck" auf die Wiener Hornisten bewirkt hat, nämlich eine gigantische Qualitätssteigerung bezüglich Sicherheit und Technik. Es ist den Wiener Hornisten glücklicherweise gelungen, diese Dirigentenattacken abzuwehren. Den schönen Hornton konnten sie dabei bewahren.
Jene "Pult-Aerobiker" verlangen oft Programme, die völlig gegen den Charakter des betroffenen Orchesters gehen (siehe Deine mail). Warum wohl ? Weil sie das Ptrogramm, das sie mit "ihrem" Orcheter einstudiert und selbst gelernt haben, unendlich oft überall "abziehen". Eigentlich ein ziemlich langweiliger Beruf mit zu viel Kohle.
Es wäre doch weitaus auch besser, hörten die Dirigenten in das Orchester, bei dem sie gerade als Gast sind, hinein und ließen sich dann von den lokalen Solisten oder Gruppen einiges anbieten. Sie müssen das erst fordern oder zeigen, daß sie es möchten. Darauf aufgesetzt könnten sie dann noch etwas formend eingreifen (Klangregie, Phrasierungsänderungen nur mit Vorsicht !). Tempoänderungen gehören eigentlich nicht so sehr dazu, da sich die Tempi aus dem Text ergeben müssen. Wenn man die ganz, ganz großen Interpreten bzw. Klangzauberer vergleicht, wird man bemerken, daß alle €bei gleichen Werken in etwa gleiche Temporelationen haben (mit Ausnahmen), d.h. die Beziehung der Tempi untereinander.
Aber wir reden hier ja mehr über den Klang. Es ist absoluter Unsinn, wenn ein prominenter Dirigent, der noch dazu in Wien studiert hat, später zurückkommt und plötzlich einen Los Angeles Klang bei den Hörnern einfordern möchte. Er hat das inzwischen schnell wieder aufgegeben. Es wäre ebenso unsinnig, von den Wienern, nur weil der Komponist ein Russe war, das Staubsaugervibrato zu verlangen oder bei Debussy ein Vibratogewimmere a la Devemy. Anderseits bemühen sich die Franzosen bei Bruckner und Brahms, allerdings nicht sehr erfolgreich, mit Wienerhörnern. Dabei bleibt aber immer noch der französisce Charakter des Orchesters. Alles muß eben in gewissen Beziehungen stehen. Kurzlebigen Moderichtungen sollte man nicht unbedingt Folge leisten. Die Wiener konnte (noch) widerstehen.
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@Prof:
Lieber Prof !
Vielen Dank für Deine Kommentare.
Ich habe mich wahrscheinlich nicht prezise genug ausgedruckt! Ich meinte nicht, daß Streisand die ideale Tonvorstellung für Hornisten wäre. Es war eher in Bezug auf wie den Inhalt des Textes Ihre Klangvorstellung stark beeinflusst. Sie und Sinatra sind jeweils die erfolgreichsten Popsänger der Geschichte - beide phenomenal musikalisch. Hier ist Streisand aber, einmal ohne Worte, sehr instrumental und manchmal sogar Horn-artig... manche werden meinen es sei a bisserl Kitsch (diese Faure Melodie geht mir schon auf dem Wecker!) , aber immer hin sehr schön:
http://youtube.com/watch?v=zzM_BHf0y70
Die ganze Sänger die Du empfohlen hast sind unter meine lieblinge (habe auch Operngesang studiert und bin überhaupt ein Opernnarr). Dazu würde ich unbedingt Franco Corelli empfehlen (und wegen unglaublich schöner Ton Gundula Janowitz und natürlich Kirsten Flagstad). Bzgl. Corelli bitte hört Euch das folgende an (mit kopfhörer wenn's geht) http://youtube.com/watch?v=0XxsikEekWE ,es ist einfach enorm - eine Klangwolke die fast übermenschlich ist !!! Was kann ich Euch über mich erzählen, ausser das ich das Horn mit grosser Leidenschaft liebe und Wienerhorn hobby-mässig spiele - Ich terrorisiere liebend gerne meine Nachbaren damit! Ich war lange Jahre als Posaunist beruflich tätig, hatte aber dabei immer versucht wie ein Horn zu Klingen... im Herzen immer Hornist! Deutsch ist meine dritte von fünf sprachen (sprich Sprachsalat) also verzeiht meine Schreibfehler. Warum soviele sprachen? Mit meinen Eltern muss ich Spanish reden, mit meiner Frau Französch, mit meiner ex-frau Deutsch (eher Weanarisch), mit meiner Freundin Italienisch (ach, ich konnte mich nicht helfen- war nur ein Scherz, leider Gottes!) und mit meinem Rechtsanwalt... und sonnst im Alltag, Englisch. Ich lebe im Land des all-zu-oft dumpfen Hornklangs wo alles fast immer da da da artikuliert wird... Naja, jetzt wißt Ihr viel zu viel über mich...Liebe Grüße an Euch allen, FBSV
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