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Thema: Das richtige Horn für Tristan |
Kann mir jemand bei folgenden Fragen weiterhelfen?
-welche Hörner kamen bei der Uraufführung 1865 in München des Tristan zum Einsatz?
-welche Hörner kann man heut zu Tage in einem modernen Orchester sinnvollerweise benutzen, will man dem damligen Klang so nahe wie möglich kommen?
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Das weiß mit Sicherheit zumindest der geschätzte Prof. Pizka aus München. Da der momentan einen neuen Internetzugang bekommt und somit offline ist, einfach mal anrufen. Die Telefonnummer findet sich unter www.pizka.de
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In der Münchner Oper wurden zur Tristanzeit grundsätzlich F-Hörner verwendet. Die Ausnahme war Franz Strauss, der ein B-Horn spielte. Die Hersteller waren nicht zu ermitteln. 1867 wurden jedoch neue Blasinstrumente in der tieferen Pariser Stimmung angeschafft. Die Hörner wurden von Ottensteiner in München, der bis 1850 in Paris gearbeitet hatte, hergestellt. Es waren dreiventilige (Drehventile) F-Hörner. Nur Franz Strauss bekam ausnahmsweise ein B-Horn, das aber mit dem kürzeren Stimmzug nach A umgestimmt werden konnte. Dazu wurden auch die Ventilzüge etwas weiter herausgezogen. Näheres findet man auf meinen Franz Strauss Seiten: www.pizka.de/fstrau3.htm
Dort gibt es auch Klangbeispiele, die ich spontan mit dem Franz Strauss gehörenden Ottensteiner-Horn und seinem messerscharfen Mundstück aufgenommen habe. Vielleicht dient das als Klangorientierung.
Trotzdem, was soll immer der Ruf nach dem Originalinstrument ? Es sind ja auch andere Instrumente im Orchester, dazu weit mehr Streicher. Die Art der Tongebung bzw. Tonmischung ergibt sich doch aus der Partitur.
Oder willst Du das ganze Orchester auf die zur Uraufführung übliche extrem hohe Stimmung bringen und damit die Sänger ruinieren.
Wenn die neue Stimmung etwas ausgemacht hätte, wäre Wagner nie damit einverstanden gewesen. Tristan blieb jedoch im Repertoire.
Mir persönlich scheint es jedoch wichtig zu sein, das F-Horn wesentlich mehr als das B-Horn einzusetzen, wodurch sich durch den Obertonreichtum eine weit bessere Verschmelzung der Klänge ergibt. Außerdem klingt das F-Horn nicht so roh wie das B-Horn. Es schmettert allerdings in der höheren Dynamik schneller. Das kann bei manchen Stellen einen besonderen Effekt bringen. Weitmensurierte Instrumente mit dem nach "U" tendierenden Klang sind sicher für Wagners Musik weniger gut geeignet als "klassisch" mensurierte Instrumente wie die Hörner der Wiener Philharmoniker, es sei denn, man stellt die Tongebung entsprechend um.
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Lieber Prof,
vielen Dank schon einemal für die Antwort! Das ist sehr hilfreich. Ihre Hompage habe ich auch mit großem Interesse studiert.
Was der Ruf nach den Orginalinstrumenten soll?
Obwohl es schon Experimente mit Wagner auf "Orginalinstrumenten" gibt (Norrington, Weil und kürzlich auch Rattle mit dem OAE) halte ich das nicht für die allein selig machende Lösung. Nein, ich habe nur beim Anhören alter Aufnahmen festgestellt, dass man dort die Sänger in der Regel wesentlich besser hört und versteht. Bei manchen modernen Aufführungen sieht man die Sänger und ihren Kampf ums Überleben mehr, als dass man sie hört. Und das liegt sicher nicht daran, dass die Sänger heute leiser singen. Mir geht es daher in erster Linie darum herauszufinden, wie man die Balance im Orchester und mit der Bühne besser abstufen kann.
Von dem höhereren Stimmton wusste ich noch nichts, wo lag der?
Zusätzlich interessiert mich aber auch die Farbe des Klanges.
Heute lernt man Horn ja als ein chromatisches Instrument zu spielen.
Könnte es sein, dass man das (Ventil-)Horn damals (besonders unter den älteren Kollegen, die vielleicht noch auf Naturhorn gelernt haben) eher als eine Ansammlung von Naturhörnern, durch die Ventiltechnik glücklich in einem Instrument vereint benutzt hat? Also auch wesentlich mehr Töne gedämpft oder gestopft hat?
Wissen Sie vielleicht sogar, welche Kollegen damals die Uraufführung gespielt haben, und wie alt sie zu dem Zeitpunkt waren?
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Der Kammerton a=440Hz ist auf dem Ottensteiner Horn von Franz Stauss, das ja in der tieferen neuen Pariser Stimmung stehen sollte (a=437), überhaupt kein Problem. Da ist beim Stimmzug sogar noch viel Luft nach oben frei.
Heutige Orchester spielen einfach in der Sängerbegleitung viel zu laut. Das erklärt die Unterschiede. Es gibt wahrscheinlich zu viele Dirigenten, die sich auch in der Begleitung produzieren müssen. Das gilt aber ebenso für viele Musiker- und besonders Hornkollegen. Jedes "Fürzchen" wird, wenn irgendwie möglich, zur wichtigen Solopartie. Die Dirigenten tun das ihre dazu.
Friedrich von Sendelbeck war zwar Stimmführer (Senioritätsprinzip), spiele aber drittes Horn. Er war etwa 55. Franz Josef Strauss am ersten war gerade 43, Josef Fastlinger am zweiten Horn war 50, Josef Mayer am vierten Horn etwa 45. Es war eine nicht gerade junge Horngruppe.
Auf der ersten Partiturseite des Tristan steht ganz deutlich von Wagner angemerkt: (abgekürzt) Wagner erwartete die volle Verwendung des jetzt doch schon voll chromatischen Ventilhorns. Er erwartete ferner, daß der Verlust an Tonqualität und der Fähigkeit der weichen Hornbindungen "von gewissenhaften Künstlern durch ihr Können wettgemacht werde".
Beim Lohengrin wurden die Ventile nur zum schnellen Umstimmen verwendet, während man noch naturhornmäßig spielte. Das heißt aber nicht, daß jede Menge gestopfter Töne erzeugt wurden. Es ist eben Wagners Beziehungen zum Hornisten Lewy zu danken, daß er außer zu Spezialeffekten kaum gestopftes oder gedämpftes Horn einsetzte. Gelegentlich mußte man in der alten Spielweise einen Halbton nach unten herunterdämpfen oder das f2 mit einer leichten Dämpfung auf die richtige Höhe bringen. Ein im Naturhornspiel erfahrener Hornist kann fast den ganzen RING auf diese Weise bewältigen. Ich möchte nur noch daran erinnern, daß der G-Bogen von Wagner gerne eingesetzt wurde. Der Hornist hatte in der Lohengrin-Zeit deshalb einen F-Bogen (meist). einen größeren G-Bogen und einen A-Kringel (Sauschwanzerl !) mitzubringen. Die Ventilzüge konnten für die F-Stimmung (und tiefere Stimmungen) entsprechend (lang) eingerichtet werden, wobei trotzdem noch Möglichkeiten für die Stimmungen A und G blieben. - Ich empfehle nicht, diese Praxis bei live Aufnahmen anzuwenden, da das Geklackere der Bögen sicher stören würde.
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Lieber Prof,
Das Vorwort zu Tristan war genaugenommen der Ursprung meiner Verwirrung, aus der die beiden oberern Fragen entsprangen. Es zeigt ja, dass Wagner mit dem, was ihm an Klang üblicherweise entgegen kam, etwas gehadert hat. Das Naturhorn erwies sich in Wagners zunehmend chromatischen Harmonik als unpraktisch (Nicht zuletzt wegen der klappernden Bögen), das Ventlihorn scheint aber seinen klanglichen Ansprüchen (noch) nicht genügt zu haben. So zumindest habe ich mir die die diplomatischen Verrenkungen in der Formulierung erklärt. Was aber noch nicht klärte, was real an Instrumenten benutzt wurde, und wei das Klang. Aber da haben sie mir sehr auf die Sprünge geholfen, vielen Dank dafür.
Ich gebe Ihnen vollkommen recht, dass viele Dirigenten einen Teil der Schuld an der schlechten Balance tragen.
Weiterentwicklungen im Instrumentenbau tun aber ein weiteres dazu.
Da Sie in der Horngruppe schon so genau Antwort geben konnten: können Sie mir auch sagen, wie groß die Streicherbesetzung in München war?
(Leider hat man die Bayreuther Grabenverhältnisse nirgens sonst auf der Welt)
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Das Orchester hatte zu dieser Zeit folgenden STreicherbestand: 27 Violinen, 8 Violen, 8 Celli, 8 Bässe. Es ist deshalb anzunehmen, daß in einer Zwölferbesetzung gespielt wurde, also 12 - 10 - 8 - 6 - 5.
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