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Thema: Kadenzen zu W.A.Mozart KV 447 u. KV 495


Lieber Prof!

Ich liebe und lebe die Musik neben meinem Leben so sehr (wie wahrscheinlich die meisten hier im Forum), dass sie als Elixier in meinem Leben neben Beruf und (Rest-)Familie nicht mehr wegzudenken ist. Die Frage nach besagter Solokadenz aus zeitgenössischer Komponistenfeder ist also eher der ewig Suchenden in mir zuzurechnen. Man/frau muss sich wenn schon nicht stets neu erfinden, so doch immer wieder neu einzugliedern wissen. Oft gehts dann auch zwei Schritte vor und einen zurück.

Auch moderne und stets am Urtext angesiedelte Solokadenzen erfüllen stets nur den einen allseits bekannten Zweck, nämlich die Virtuosität und Musikalität des Solisten positiv zu exponieren.

Ich persönlich finde nicht, dass die Symbiose alter traditioneller Musik mit Zeitgenössischem zwanghaft zu "Wolfsgeheul" wird. Eher empfinde ich, das bei manchen historisch orientierten Interpretationen von N.H., J.-E.G. oder Sir R.N. wortwörtlich der Dampf raus ist. Man vergleiche nur eben mal die Neueinspielung der Mozartsinfonien unter Claudio Abbado und dem Jugendorchester Bologna mit Sir R.'s Aufnahme...

Habt's a schöne Sommerfrische!
Bussi, Eure
BEATE


Zuletzt bearbeitet: 30.07.08 09:23 von Beate_Pokorny
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Zuletzt bearbeitet: 30.07.08 09:21 von Beate_Pokorny


Zu behaupten, dass bei den Interpretationen von
John Eliot Gardiner (Monteverdi Choir; English Baroque Soloists, Orchestre révolutionnaire et romantique) und
Roger Norrington (Schütz Choir; London Classical Players)
"der Dampf raus" ist einfach lächerlich!
(Über Nikolaus Harnoncourt kann man vielleicht noch streiten, aber er war eine ganz andere, die sog. erste Generation der Dirigenten, die die historische Aufführungspraxis anwandten. Trotzdem sind seine revolutionären Leistungen für die gesamte Musikwelt unbestritten.)
Ich finde die meisten Interpretationen der beiden Dirigenten absolut hin- und mitreissend! Fantastisch! Absoluter Wahnsinn, auch in Anbetracht dessen, dass sie alle auf alten Instrumenten spielen!

Das hat aber überhaupt nichts damit zu tun, dass ich es durchaus auch begrüßen oder erfrischend empfinden würde, wenn eine Kadenz einen anderen, modernen Weg einschlagen würde.
Wer es noch nicht kennen sollte:
http://de.youtube.com/watch?v=VmjGDBWZZFw



Ich glaube zu wissen, was Beate meint. Mir gehts auch so, dass die meisten Aufnahmen mit historischen Instrumenten/historischer Aufführungspraxis schnell langweilig werden und Verschleißerscheinungen bekommen. Dagegen kann ich mir hundertmal einen Fritz Wunderlich oder einen Carlos Kleiber oder Celibidache oder Christa Ludwig anhören und bin immer wieder berührt von der musikalischen und klanglichen Intensität. Dabei ist eine liebevolle, gleichermaßen aufs ganze und auf Details bezogene Phrasierung das Ausschlaggebende. Besonders bei Norrington empfinde ich die musikalischen Phrasen oft als zerstückelt, weil nur noch auf die Rhetorik, auf das sprachliche wertgelegt wird. Das natürlich-gesangliche wird dabei vernachlässigt. Das Gegenteilige empfinde ich übrigens bei Karajan: nur noch kaugummiartig gezogene Phrasen(sehr druckvoll) ohne Sprachlichkeit, ohne sprechendes Musizieren.
Ein weiterer Punkt der vielleicht eine Rolle spielt, den ich aber nicht genau definieren kann ist, dass bei Aufnahmen historischer Aufführungspraxis aber auch Aufnahmen und Aufführungen konventioneller Aufführungspraxis heutzutage bei den Musikern einfach keine große Persönlichkeit zu spüren ist. Es klingt meist alles sehr nivelliert und oberflächlich perfekt. Dahinter, gerade was die Phrasierung und Klangestaltung angeht, ist oft nichts zu erkennen.

Und Beate, hab ich deinen Eindruck beschrieben oder reden wir von verschiedenen Dingen?



Habe gar nicht gewußt, daß Gardiner, Harnoncourt und Norrington auf den Aufnahmen selbst alte Instrumente spielen. Einen Holzprügel kann man auch aus einem alten Stecken selbst schnitzen - oder sind die Hände dieser Aerobiker am Dirigentenpult schon antik ? Harnoncourt, o.k., schätze ich auch, auch wenn sein Mozart eigentlich zu sehr barocke Fülle hat. Wahrscheinlich habe ich selbst zu viel Mozart gespielt und erlebt.

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Bravo, bravo, es geht diesen "Interpreten" meist um eine pseudowissenschaftliche "Aufarbeitung" der Stücke, wobei die eigentliche Musik auf der Strecke bleibt. Super gespielt, super aufgenommen, jedoch gerade fürs Clo zu gebrauchen oder zur sonstigen Berieselung aber nie Genuß, nie Aufregung. Na Kleiber war echt aufregend, aber noch viel "aufregender", wenn man bei ihm selbst im Orchester saß, selbst wenn man von ihm (auch schriftlich) mit "mein lieber Freund" (wie ich) angesprochen wurde. Trotz der oft unangenehmen Situation war das Musizieren mit ihm nie langweilig, im Gegenteil, es war oft direkt aufputschend und voller Farben, die ich bei diesen "Leichenschändern" und "Exhumierern" nie finden kann.



Aber Herr Professor, Leichenschänder und Exhumierer sind schon starke Worte. Was soll die Studentenschar denken? Der alte Dirigentenhaß? Der ist gut, die anderen arbeiten nur "pseudowissenschaftlich" auf? Ich glaube, es kommt schon darauf an, wie sehr man als Musiker bereit ist, sich auf eine Interpretation einzulassen, als Bläser auch auf ungewöhnliche Phrasierungen und barocke Spieltechniken. Eigentlich gings ursprünglich um Kadenzen, die natürlich auch eine Brücke zur Jetztzeit schlagen können. Als Lehrer freue ich mich, wenn ein(e) Student(in) eine eigene Kadenz zu einem Mozartkonzert entwirft, anstatt zum x-ten Mal die gleiche Kadenz zu bringen. Ich bin da sehr bei Beate, der Solist darf sich exponieren, beim Konzert kommt er/sie ohnedies dran.
Aber ich gebe ihnen recht, Kleiber war aufregend, auch wenn er mich nicht "mein lieber Freund" nannte. Jedoch haben auch die zitierten "Leichenschänder" ihre Verdienste, es muß ja nicht jedem gefallen, gottseidank.



Danke...

lieber Pferdinand für Deine Ausführung, sie kommt meinem Ansinnen durchaus nahe und

@ DieDreiWeisen ich hab doch geschrieben: "...empfinde ich, dass bei manchen...". Das ist weder verallgemeinernd, noch absolut aussagekräftig. Ich gebe nur mein Meinungsbild wieder, da brauchst mich nicht lächerlich machen. Ach und Danke für den Link zu Gilles Apap, das war ja herzerfrischend.

Vielleicht versteht man meine Äußerung zu den "Exhumierern"(Prof.) besser, wenn man die Idomeneo-Aufführung vom 10. Juli zu Graz als Beispiel anführt: Eine Superauswahl junger Sänger, ein hochqualifizierter Schönbergchor und ein motiviertes Orchester... die Bremse stand in der ersten Reihe. Sorry nicht mal ein (1) Orchesterzwischenspiel, geschweige denn eine Arie hatte soviel Swing, daß mir als Hörerin das Herz in Flammen aufging. Dafür wurde in fünferlei Quell-Literatur geforscht und der Mozart'sche Original-Strich übernommen. Bravo!!!

Bussi, Eure
BEATE



Wenn das Herz in Flammen aufgehen soll, kann ich Phantom der Oper empfehlen.


Zuletzt bearbeitet: 31.07.08 11:26 von Hypertonius


Hypertonius:
Wenn das Herz in Flammen aufgehen soll, wär' Phantom der Oper vielleicht das Richtige?

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