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Thema: Sprachlos (Link)
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@ Prof
also da bin ich durchaus anderer Meinung.
Auch ich habe erst mit 25 mein Studium begonnen, und habe den Orchestermusiker mit Note 1 abgeschlossen. Habe dann ein Jahr befristet in einem gerade zum B-Orchester aufgestiegenen Klangkörper als 3./1. Horn mitgewirkt, durchaus ohne überfordert zu sein. Habe danach als Lehrer an div. Musikschulen im ländlichen Raum angefangen zu unterrichten (bzw. nach der einjährigen Unterbrechung fortgesetzt) und bin auch heute noch in der Lage ohne alles üben zu müssen in einem Orchester mitzuspielen (habe gerade am 1. Horn Händels Feuerwerksmusik - alles Tutti, d.h. fast keine Pausen - danach Haydns Feuer-Sinfonie Nr. 59 hinter mir - übrigens ohne Hoch-F).
Es kommt halt darauf an, was man vorher so alles gemacht hat, und insbesondere wie das Spielen vom Blatt läuft. Es ist ja nicht so, dass man vor dem Studium ausser Etüden und ein paar Solos nichts gespielt hat. Das wird bei jleu auch nicht anders sein, denke ich.
Und trotzdem bekomme ich seit meinem 30. Geburtstag keine Einladung mehr. Nicht mal beim C-Orchester. Da machen die lieber 5 Probespiele in 2 Jahren, weil die sicherlich sehr guten Berufsanfänger woanders eine bessere Stelle bekommen oder aus anderen Gründen wieder abspringen (ev.Geld?).
Vielleicht übertreibe ich ein bisschen, aber diesen Eindruck habe ich bisher von unserem so hochgelobten Kulturbetrieb bisher gewonnen.
Eine Konsequenz dieser Vorgehensweise könnte auch sein, dass der Anteil an Frauen und Ausländern in disem Bereich unübersehbar am Ansteigen ist (ich will damit nichts gegen die erwähnten Bevölkerungsgruppen sagen, an den Schulen unseres Landes ist m.E. eine ähnliche Tendenz erkennbar) Sicherlich spielen dabei auch noch andere Gründe eine Rolle (Musikalische Schulbildung und Musikschulwesen etc.).

Aber, was ich sagen wollte: Ich bin überzeugt davon, dass ein Musiker nicht weniger für den Orchesterdienst geeignet ist, nur weil er mit seinem Studienabschluß ein paar Jahre später dran ist. Das Gehirn ist in jedem Alter noch lernfähig.

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Übrigens kann es auch passieren, dass die frühe Förderung nicht funktioniert: Ein Schulkollege -2Jahre älter als ich - Vater Musikschulleiter - sehr frühe intensive Förderung - ab ca 15 Vorklasse in der nächstgelegenen MHS - Solokonzert mit dem städtischen Orchester usw. (Damals mein unerreichbares Vorbild) - Dann Studium - Aufbaustudium. Dann Praktikum (zufällig in dem Orchester in dem ich später ein Jahr gespielt habe). Dort wurde er dann anscheinend derart unter Druck gesetzt, dass er danach nicht mehr spielen konnte (was da genau vorgefallen ist weiß ich nicht. Da ich seine Geschichte kannte bevor ich dort anfing wollte ich davon lieber nicht zu viel wissen).
Dann hat er sich auf das besonnen, was er noch lieber tat als Horn spielen, er widmete sich der Informatik und hat von ca 1-2 Jahren sein Abendstudium - ich glaube Wirtschaftsinformatik oder so - abgeschlossen - mit 36! - so viel zur frühen Förderung.
Er spielt heute wieder gelegentlich, quasi als Amateur... ich wage jedoch zu behaupten, dass ich ihn obwohl er sozusagen einen Vorsprung hatte irgendwann überholt habe. Nur: Interessieren tut das heute keine S.. mehr. Heute wird der-die nächste 14-jährige durchs Dorf gejagt.



Es fasziniert immer wieder, wenn Kinder überaus schön musizieren. Das ist halt etwas Anderes, als wenn ein altgedienter Recke ein Konzert zum Vortrag bringt. Denn von dem erwartet man das ja schließlich. Und es zeugt von dem ungeheurem Engagement, das die Kinder an den Tag legen.

Was die Altersgrenze von den oben angesprochennen 30 Jahren betrifft, so ist das nicht nur im Kulturbetrieb so. Ich war mal kurze Zeit arbeitslos, weil die alte Firma dichtgemacht hatte. Bei unzähligen Vorstellungsgesprächen hieß es: "Ja, äähhm, wissen Sie, also, über 30 - damit haben wir so unsere Probleme..." Meine Antwort für solche Fälle: "Denken Sie bitte mal dran, daß Sie mit Sicherheit über 60 sind! Und immer noch arbeiten! Meine Sie nicht, daß das reichlich unfair ist!?" Was für "Arbeiter" (egal wo) werden denn bevorzugt? 20-jährige mit 30 Jahren Berufserfahrung, die für'n Appel un nen Ei schaffen! Das ist die "Zitronenmentalität" der Arbeitgeber: Auspressen - wegschmeißen! Wie soll das gehen, wenn man bis 67 schaffen muß?! Gibt es solche Erfahrungen auch im Kulturbetieb?

Blech blasen statt Blech reden!


Das mag ja schon sein, das Problem "20jähriger mit 30 Jahren Berufserfahrung" ist ja seit einiger Zeit bekannt. Aber dass diese Problematik auch im Kulturbereich anzutreffen ist, stimmt mich schon ein wenig nachdenklich.
Als jugendlicher Idealist dachte ich immer in der Kunst zähle nur die Qualität und nicht Alter und andere Äußerlichkeiten. Die Realität sieht jedoch meiner Erfahrung nach anders aus. Oder wie seht Ihr das?



Mit 25 Jahren das Horn-Studium zu beginnen ist wirklich bereits spät und setzt den Studenten unter großen Zeitdruck, da die 30 für die erste Festanstellung die absolute Schallgrenze ist.
Alle Orchestermusiker die ich kenne waren deutlich früher in "Amt und Würden".

Trotzdem bin ich auch der Meinung, man sollte tun, woran man wirklich Freude hat. Problematisch ist heute allerdings, daß die Musikschulen als Alternative zum Orchester mehr und mehr wegfallen. Selbst städtische Musikschulen vergeben oft nur noch schlecht bezahlte Honorarverträge und keine Festanstellung nach TVöD mehr.

Um sich als Free Lance Hornist durchzuschlagen ist es sehr wichtig spätestens im Studium Netzwerke aufzubauen bzw. bei den wichtigen lokalen "Verteilern" auf die Liste zu kommen.
Wie erfolgreich das "Netzwerken" sein kann, hängt schon von der Wahl der Hochschule ab.

Falls es mit der Orchesterkarriere nicht klappt, gäbe es als Alternative zur unsicheren Existenz als freischaffender Hornist, quasi als Plan B, noch die Möglichkeit das Horn als Nebenfach zu nehmen und Schulmusik zu studieren.
Die Berufsaussichten sind da zur Zeit in Deutschland sehr gut. Mann kann sich die Stellen aussuchen.
Verbeamtung und gute Bezahlung inklusive. ( Allerdings auch der Nervenkasper wegen der lieben Kindlein, die den Musiklehrer gerne als Blitzableiter nutzen. )

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Wenn der "Blitzableiter" das mit sich machen läßt, ist er selbst schuld!
Freelancer ist doch eine sehr unsichere Sache; zumindest hierzulande. Ich kenne auch einen ehemaligen freischaffenden Musiker (nicht Hornist), der sogar in die ihm vehaßte Jazzszene absteigen mußte, um überhaupt noch Geld zu verdienen. In anderen Ländern ist das offensichtlich einfacher, z.B. in Amiland.
Die Schulmusiker-Variante ist aber auch recht heikel. Denn wenn Einsparungen im Bildungsresort durchgeführt werden, dann als erstes beim "unnützen" Musikunterricht. Wer schon verbeamtet ist, bekommt halt eine irgendwie ähnliche Stelle zugewiesen, neu besetzt werden die Stellen aber nicht mehr (klar, wenns wegfällt). Unserem Posaunenchordirigent ist nämlich genau das passiert! Er mußt sich zum Sportlehrer umschulen lassen. Man kann sich denken, was der für einen Frust schiebt! Klarinette, Posaunen und Klavier studiert, 20 Jahre als Musiklehrer gearbeitet und dann DAS.

Blech blasen statt Blech reden!


Also hier in Nordrheinwestfalen, siehts für den Schuldienst jedenfalls besser aus. Musiklehrer werden so verzweifelt gesucht, daß sogar Quereinsteiger ohne Schulmusikstudium, im Schuldienst arbeiten.
Zudem geraten Bundesländer, die ihre Lehrer nicht mehr verbeamten wollen unter Druck, da Hessen und BW bundesweit um Lehrer werben. ( Bieten Beamtenstatus)

Ich glaube nicht, daß es der Freelancer in den USA leichter hat, als hierzulande. Die spielen da teilweise schon für Gagen, für die ich nicht einmal "den Koffer aufmachen" würde. Aber natürlich gibts auch Freelancer, die Geld ohne Ende verdienen.

Freelancer zu sein ist dort allerdings wohl normaler als hier, da es viel weniger festangestellte Musiker gibt.
Hierzulande umgibt den Freischaffenden der E-Musik, ja doch meist der wenig schmeichelhafte Nimbus desjenigen, der es nicht geschafft hat eine Festanstellung zu ergattern.
Dementsprechend reserviert begegnen einem des öfteren festangestellte Musiker zumindest beim ersten Kontakt.

Das bleibt einem bei Mucken mit Jazzern erspart.
Die schimpfen dann wiederum gerne mal auf die "Musikvollzugsbeamten". In der Jazzszene zu spielen, würde ich im übrigen nicht für einen Abstieg halten.
Der Jazzer "am für sisch" ist ein Notenfresser erster Güte und meist mit einer profunden Kenntnis in Sachen Improvisation und angewandter Harmonielehre ausgestattet.





Der betreffende Freelancer hatte das als Abstieg angesehen. Allgemein sind Jazzmusiker begnadete Improvisateure und durch die Bank sehr gute Musiker. Doch ist die Jazzszene bei uns nicht so hoch angesehen, wie in den USA. Jedenfalls nicht unter vielen E-Musikern. Jazz ist hierzulande eher eine Insidermusik. Ehrlich gesagt: Ich kann damit auch nichts anfangen. Alle dudeln rum und improvisieren sich zu Tode und am Ende weiß eh keiner mehr, was es nun darstellen sollte (außer den Ausführenden, versteht sich).
Das Vorurteil, daß der Freelancer "es nicht in eine Festanstellung geschafft hat", muß ja nicht stimmen, wenn er etwa nie eine Festanstellung im Sinn hatte. Vorurteile sind aber immer irgendwo vorhanden und werden sich leider auch nicht ausmerzen lassen. Meine Haltung zum Jazz ist ja auch ein "Vorurteil" oder klingt zumindest danach. Nein, ich kann mit dem Gedudel einfach nix anfangen. Das ist halt nicht mein Geschmack. Vorbehalte gegen Jazzer habe ich deshalb aber nicht.

Blech blasen statt Blech reden!


Hallo alle zusammen,

möchte hier mal den Spät-Studierern Mut machen, indem ich erzähle, wie es meinem früheren Hornlehrer ergangen ist.

Er hat schon immer im Musikverein Tenorhorn gespielt, auch viel als Dirigent und Blechblaslehrer gejobbt. Mit 27 hat es ihm in den Fingern gejuckt, und er wollte Musik zu seinem Beruf machen. Also hat er mit 27 angefangen, Horn zu spielen, dann mit 30 an die Hochschule und hat Horn und Dirigieren studiert, allerdings von vorneherein mit dem Ziel Musikschullehrer. Mit 34 hat er dann direkt eine volle Stelle an meiner früheren Musikschule bekommen inkl. mehrere Orchester von seinem Vorgänger. Nach ca. 10 Jahren großen Engangements an der Musikschule ist er dort jetzt Musikschuldirektor.

Also nur Mut, mit viel Überzeugung kann man es sehr weit bringen



Ein herzliches Hallo an alle,


ich war ein paar Tage in Italien - zum entspannen und erholen (absichtlich ohne Zugang zum www)

Ich hatte nicht damit gerechnet, dass diese Diskussion inzwischen in Richtung "Lebensalter" ausschlägt. Das hat mich jetzt doch ehrlich überrascht. Darum ging es mir in meinem Beitrag eigentlich überhaupt nicht.

@SW-Hornist: Natürlich konnten solche Empfindungen bei mir auch schon Erwachsene und nicht nur Kinder auslösen. Sogar öfter- logischerweise. Der von mir erwähnte Stefan Schilli z.B. schafft es heute, mit 38 Jahren, trotz seines "fortgeschrittenen Alters", immer noch. Andere "begabte" Opas und Uropas haben es auch schon geschafft.
(Spass muss sein, ich selber bin übrigens 39 Jahre alt).

Wieder ersthaft weiter:
Als ich Stefan Schilli damals hörte, war ich also selbst kaum älter als er. In diesem Alter schaut man nicht sonderlich "gnädig" auf andere Jugendliche, wie man es mir vielleicht heute, als "gnädiger" Vater einer Tochter, leichter unterstellen könnte.

Ich habe mich im Urlaub ein paar mal gefragt, warum mich eigentlich Anouck Becker´s Mozart so gefangen genommen hat und ich glaube, dass die Antwort im Grunde ganz einfach ist.

Sicher verblüfft es auch, wenn ein junger Mensch schon zu so einer musikalischen Leistung fähig ist, das will ich gar nicht in Abrede stellen, aber ich denke, dass das auch in Ihrem Fall nicht der Hauptfaktor war.

Ich meine es sind im Wesentlichen für mich zwei entscheidende Gründe:
Als ihr Zuhörer habe ich folgende Empfindungen:
1) Ich höre wirklich Horn
2) Ich höre wirklich Mozart
Jetzt könnt ihr von mir aus innerlich lächeln oder den Kopf schütteln. Aber ich habe von den Mozart-Hornkonzerten schon oft Aufnahmen gehört, bei denen ich persönlich leider das Empfinden hatte, dass eines von beidem (oder sogar beides) nicht der Fall ist.
Mit dem was ich dann gehört habe, als ich die Seite angeklickt habe, habe ich deswegen einfach nicht gerechnet.
Es war einfach meine Art zu sagen:
Whow, Bravo und Danke!



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