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Thema: Noten für Hörner |
Hallo!
Wenn ich mich kurz vorstellen darf, ich heiße Andreas, bin 22 Jahre alt, und begeistert von klassischer Musik, besonders von den Opern "Der Freischütz" und Humperdincks "Hänsel und Gretel".
Allerdings höre ich diese Musik nicht nur gerne, ich lese auch die Partituren mit, weil es mir viel Spass macht, immer wieder neue Melodien, Klangfarben etc. zu entdecken.
Musiktheoretisch kann ich einiges, also hauptsächlich Notenlesen, und selber lerne ich gerade Klavier.
Wenn ein Problem auftaucht, egal welcher Art (etwa, wie man einen Triller zu spielen hat, oder wie diese oder jene Note zu lesen ist, ...), dann scheue ich mich nicht, jemanden zu fragen, ich frage Leute, die sich auskennen, oder ich versuche, logisch auf die Lösung zu kommen.
Jetzt aber endlich zu meiner Frage: Ich habe nicht vor, Horn spielen zu lernen, möchte mich aber trotzdem mit den verschiedenen Instrumenten auskennen, einfach aus Interesse.
Meine Frage betrifft hauptsächlich die Stimmungen der verschiedenen Hörner.
Wenn ich also ein Horn in F habe, kann ich damit ALLE Töne, die der Tonumfang des Horns hergibt, spielen? Auch die Halbtöne, wie Cis, Fis oder Gis?
Und was ist ein "Naturton"?
Ich hätte noch viele andere Fragen, aber diese zwei sind mir am wichtigsten, ich würde mich sehr über eine Antwort freuen!
Viele liebe Grüße aus Wien, Andreas
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Hallo Andreas,
die Sache ist die: Früher gab es bei Blechblasinstrumente keine Klappen oder Ventile - heute nennen wir diese Hörner "Naturhörner". Dadurch war man nur in der Lage, die sogenannten "Naturtöne" zu spielen. Das ist einmal der Grundton (Je nach stimmung, beim Naturhorn in F ist es das F, beim Naturhorn in B das B etc.), dann die Oktave, dann die Quinte plus die Oktave... etc. (Müsste jetzt, um ehrlich zu sein, nochmal kontrollieren...). Umso höher man spielt, umso mehr Töne stehen "zur Verfügung". Das heißt man hatte, besonders in den tieferen Lagen weniger Tonumfang. Es gab aber Techniken, bei welchen man ganz einfach mir der rechten Hand den Ton tiefer machte, und so auch schon chromatisch spielen konnte, allerdings klingen die Töne, die mit der Hand produziert werden, ziemlich dumpf.
Das war bis zur Romantik so. Dann wurden Ventile erfunden, und man war (und ist) somit in der Lage, chromatisch zu spielen.
Heute spielen wir üblicherweise das Horn mit der Grundstimmung F oder Bb, aber eigentlich lesen alle in F (manche Literatur ist auch in Eb, D, E, etc. Das erfordert einiges an Übung für Hornisten...).
MG, (und verbessert mich...)
David
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Grüß Dich lieber Humperdinck!
Gut erklärt ist's auch bei Wikipedia. Schau doch einfach mal unter nach. Da befinden sich dann auch weiterführende Links, z. B. auch zu den Naturtoninstrumenten.
Bussi, BEATE
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Hallo!
Zuerst einmal möchte ich mich für die freundliche und ausführliche Antwort bedanken, und hoffe, dass ich nicht lästig falle mit meinen Fragen - ich will lernen lernen lernen!
Die Sache ist die: Früher gab es bei Blechblasinstrumente keine Klappen oder Ventile - heute nennen wir diese Hörner "Naturhörner".
Sind das diese hier gemeint?

Das bedeutet also, das im "Freischütz", der 1821 Uraufgeführt wurde, KEINE Klappen und Ventile zur Verfügung standen, und auf solchen Hörnern wie auf dem Bild gespielt wurden? Das ist sehr interessant!
Umso höher man spielt, umso mehr Töne stehen "zur Verfügung". Das heißt man hatte, besonders in den tieferen Lagen weniger Tonumfang.
Das bedeutet also, dass die Kreativität eingeschränkt war, wenn nicht alle Töne gespielt werden konnten?
Ich denke nur an den Jägerchor aus dem Freischütz.
Überhaupt finde ich in der Partitur desselben tausend verschiedene Instrumente - Tromben in hundert verschiedenen Stimmungen, Posaunen, Bassposaunen etc.
Sehr verwirrend!
Wenn ich noch eine Frage stellen darf: Wie war das mit der Lautstärke? War die damals, evtl. bedingt durch die fehlenden Ventile, lauter als bei heutigen Hörnern?
Was mich auch interessieren würde: Warum schreibt Humperdinck, gegen Ende der Oper, über einen Ton ein Zeichen und schreibt dazu "Naturton"??? Weiss das der Spieler nicht?
Viele liebe Grüße!
Zuletzt bearbeitet: 10.08.08 15:51 von Humperdinck
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Hallo,
Mozart auf dem Naturhorn:
http://video.google.es/videoplay?docid=7550623540178469885
Gruß
Dirk
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Das abgebildete Instrument ist ein Naturhorn.
Das Ventil wurde Anfang des 19. Jahrhunderts erfunden und im Jahr 1818 patentiert. Der Freischütz dürfte also aus dieser Sicht mit Ventilen uraufgeführt worden sein und es wurden natürlich alle Töne gespielt.
Versuche mit Klappen gewissermaßen als Ventilvorläufer gab es so um 1800.
Ventile dürften auf die Lautstärke eines Instrumentes nur meßbaren Einfluß haben - also unerheblich.
Die mit 0 bezeichneten Töne (hier bspw. 1. Horn No. 208/Takt 4 / Verlag B. Schott´s Söhne Mainz) sollen abweichend zur üblichen Griffweise offen als Naturton gespielt werden, deshalb der Hinweis am Ende der Stimme.
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Ob "Freischütz" wirklich auf Ventilhörnern uraufgeführt wurde, ist trotzdem fraglich, da sich das Ventilhorn erst sehr viel später durchsetzen konnte. Die Instrumente waren lange Zeit unausgereift und darum bei Spielern wie Komponisten nicht geliebt (außer Robert Schumann).
Selbst Brahms war noch ein absoluter Gegner der Ventilhörner und wollte das berühmte Trio für Violine, Horn und Klavier auf dem Naturhorn gespielt wissen.
Zuletzt bearbeitet: 10.08.08 22:32 von DieDreiWeisen
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In Sachen Freischütz und Ventile wird wohl nur einer wirklich weiterhelfen können. Vielleicht weiß es Prof. Pizka?
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Lieber Andreas !
Du gehst das Ding etwas sehr naiv an. Naiv ist da keine Abwertung, sondern eher auf "uninformiert" gemünzt. Schreib doch einmal die Naturtonreihe auf. Übrigens, Goethe hat sie auch irgendwo niedergeschrieben.
C - c - g - c1 (erste Hilfslinie unter dem Notensystem) - e - g - b - c2 - d - e - f(etwas hoch) - g - a (aber eher gis) - b - h - c3 - cis - d - dis - e (no.20) - nach oben gibt es nur physische Grenzen beim Bläser.
Dann setze dazu die einfach zu manipulierenden Töne, d.h. mit ganz leichter Handbewegung (rechts) zu korrigierenden Töne: a1 - f2 - a2
Als nächste nimm dann die mit etwas mehr Verschließen des Bechers ohne gewaltige Tonfarbenveränderung zu erzielenden Töne:
h - ges/fis - h - es/dis - fis/ges - h1 - des2/cis2 - es2/dis2 - fis2/ges2.
Außerdem kann man verschiedene Töne mit dem Ansatz nach oben verändern, z.B. cis - gis/as - cis1
oder nach unten: H - fis - h
Bei guter Beherrschung der Ansatztechnik sollte auch hier noch keine große Tonfarbenveränderung auftreten.
Mit dem (fast) vollkommenen Verschließen des Schallbechers können die Naturtöne auch um 1/2-Ton erhöht werden. Das ist das sog. Stopfen. Der Ton spricht aber eigentlich nur ab einer bestimmten Lautstärke richtig an. Der Klang ist drastisch verändert. Deshalb verwendeten geschickte Komponisten diese "Stopftöne" nur für besondere Effekte u.z. meist als sfz oder fz oder "en passant", d.h. innerhalb eines schnellen Laufes, wobei diese Töne auch mit falsch erscheinender "Manipulation" besser zu erreichen sind (Schule von Domnich).
Und eine letzte Methode für die extreme tiefe (Beethoven Sonata): man konnte diese tiefen Töne unter dem tiefen C auch mit kontrolliertem Nachlassen der Lippenspannung erreichen. Das brachte im Konzertablauf eine gute plötzliche Regeneration.
Du wirst, wenn Du diese Skalen aufgeschrieben hast, feststellen, daß bis auf wenige ungünstige Bereiche, der gesamte Hornumfang möglich ist. Also war der Freischütz überhaupt kein Problem. Natürlich bleibt der g2 Einsatz in der Ouverture immer etwas heikel, wenn man vor dem 12. Naturton Schiss hat. Dazu kommt dann das Intonationsproblem zusammen mit dem 2. Hornisten.
Der Stimmungswechsel im Freischütz wurde durch Aufsteckbögen für die jeweilige Stimmung bewältigt. Heute transponiert man, d. h. man liest den vorgegebenen Text, der für uns Hornisten in dieser Zeit immer wie C-Dur aussieht (keine Vorzeichenangaben), eine Terz hinauf, eine Quart hinunter, eine Terz hinunter (Jägerchor), usw. Selbst auf dem F-Horn ist Freischütz kein Problem. Der Jägerhorn kann allerdings durch die D-Stimmung den B-Hornspieler vor fingerbrechende Aufgaben stellen.
Es ist aber ziemlich naiv, anzunehmen, daß sich eine vorerst noch unbrauchbare Umstimmvorrichtung wie das Stölzelventil innerhalb von drei Jahren durchgesetzt hätte. Erstens war es noch nicht für den echten Einsatz reif. Zweitens kostete so ein Instrument ungefähr ein Jahresgehalt eines Musikers. Drittens war selbst in der Lohengrinzeit von chromatischer Verwendung des Horns noch keine Rede. Also wurde der Freischütz mit Naturhörnern uraufgeführt, für die damaligen Hornisten eine Routineangelegenheit, waren doch in den Rosettikonzerten bereits ganz andere Schwierigkeiten zu bewältigen.
Lauter spielen oder klingen ? Damals ? Man hat generell viel leiser gespielt als heute; z.b. mit sechs oder höchstens acht ersten Violinen. Naturhörner klingen auch mangels Resonanzmasse viel feiner.
Hänsel und Gretel: warum diese mit "o" bezeichnete "fis2" am Schluß ? Weils "a Hetz ist". Vielleicht wollte der Komponist die in Gefühlsduselei eingenickten Kritiker dadurch aufwecken.
Noch eine Bitte an alle:
Schreibt nicht "da müßte ich erst nachschauen ...". Schaut doch lieber vorher nach. Hmm !
Und beurteilt nicht alles nur aus der Hornistensicht. Bei der Phrasierung hilft ein Versuch, auch ohne Instrument einen Geiger zu imitieren oder einen Sänger. Dann sieht und spürt man gleich, wie phrasiert werden muß.
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DieDreiWeisen: ...Die Instrumente waren lange Zeit unausgereift und darum bei Spielern wie Komponisten nicht geliebt (außer Robert Schumann)...
Bemerkenswert dazu ist die Tatsache, daß trotz Schumanns Bestreben, das Konzertstück für vier Hörner op. 86 von Ventilhörnern erklingen zu lassen, der Erste Hornist Eduard Pohle (1817 - 1875) seinen Part auf dem Naturhorn blies. (Nachzulesen in: "Das Horn" von Janetzky/Brüchle)
Bussi, Eure
BEATE
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